Zwischen Übergang und Neuanfang

Die Liberalen an der Saar suchen einen neuen Chef / Kampfabstimmung mit einem Favoriten, aber offenem Ausgang

  • Oliver Hilt, Saarbrücken
  • Lesedauer: 3 Min.
Die FDP im Saarland wählt heute einen neuen Landesvorsitzenden – in der Hoffnung, damit ein langes Kapitel von Personalstreitigkeiten abschließen zu können.

Vorsitzenden-Bashing ist bei den Liberalen kein Privileg der Bundespartei. Im Schatten des Dreikönigstreffens sucht die Saar-FDP einen neuen Landeschef. Der Noch-Vorsitzende Christoph Hartmann hatte aus den schweren Personalquerelen die Konsequenzen gezogen und sein Amt zur Verfügung gestellt. Bei der für den heutigen Sonderparteitag angekündigten Kampfkandidatur zwischen Gesundheitsminister Georg Weisweiler und dem Bundestagsabgeordneten Oliver Luksic entscheiden die Delegierten auch zwischen Übergang oder Neuanfang.

Notwendig geworden war der Parteitag nach dem Doppelrücktritt von Parteichef Hartmann und Fraktionschef Horst Hinschberger im vergangenen November. Vorangegangen waren wochenlange heftige Personalquerelen, ausgelöst durch eine Strafanzeige Hinschbergers wegen Untreue gegen Verantwortliche der parteinahen »Villa Lessing – Liberalen Stiftung Saar« in Saarbrücken, darunter auch den Ehrenvorsitzenden der Saar-FDP, Werner Klumpp.

Der wiederum hatte nach Einstellung der Ermittlungen gegen die meisten Beschuldigten den Parteiausschluss Hinschbergers gefordert, was der Parteivorstand ablehnte. An der Parteibasis hingegen war Hinschberger ob seiner Alleingänge schon länger umstritten. Gleichzeitig musste sich Hartmann den Vorwurf der Führungsschwäche gefallen lassen, weil er in diesem Konflikt keine Konsequenzen gezogen hatte.

Der Vorwurf der Führungsschwäche begleitet Hartmann seitdem er 2002 Parteichef wurde. Die Quittung waren schlechte Wahlergebnisse. So erhielt er 2008 gerade mal 58 Prozent der Stimmen bei der Wiederwahl – und das ein Jahr vor Kommunal-, Landtags, Europa- und Bundestagswahlen. Aber Hartmann schaffte es, die Saar-FDP nach fast einem Vierteljahrhundert wieder in Regierungsverantwortung zu bringen, wurde selbst Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef. Die Partei quittierte dies im Juni 2010 mit knapp zwei Drittel Zustimmung. Grandiose Dankesbezeugungen sehen anders aus.

Seine Wiederwahl hatte auch damit zu tun, dass es keine erkennbare Alternative gab. Klar wurde dies, als sich nach seinem Rückzug gleich drei Nachfolgebewerber berufen fühlten. Dabei wollte sogar der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Sebastian Pini, gegen seinen Amtschef Weisweiler antreten. Pini zog sich jedoch nach wenigen Tagen aus dem Rennen zurück.

Weisweiler, 63, hatte sich selbst als »Kandidat des Übergangs« bezeichnet. Der verheiratete Vater dreier Kinder ist erst seit 2006 Mitglied der FDP. Bis 2009 war er Chef der saarländischen Unternehmensverbände. Auch er geht davon aus, dass die Zukunft seinem Mitbewerber Luksic gehört. Der werde »zu einem Zeitpunkt Politik machen, an dem ich wirklich in Pension bin«.

Der 31-jährige Luksic steht dagegen für einen direkten Neuanfang und »eine Debattenkultur« in der Partei. Statt Dauerpersonalstreit will er eine Programmdebatte anstoßen. Seine Aufgabe als Abgeordneter in Berlin sieht er nicht als Hindernis, sondern als Vorteil, um dem Landesverband auch in der Bundeshauptstadt Stimme und Gewicht zu geben.

Die besseren Chancen bei der Kampfabstimmung werden Luksic eingeräumt, aber die Saar-Liberalen sind seit jeher für Überraschungen, insbesondere in Personalfragen, bekannt. Hartmann selbst hatte seinen Rückzug als »notwendig« bezeichnet, um Ruhe in die Partei zu bringen. Seither sei die Partei aus den Schlagzeilen, könne sich auf ihre Aufgabe als Regierungspartner konzentrieren, sagte er zum Jahreswechsel. Wie ein politisches Vermächtnis hörte sich dabei sein Appell an die »lieben Parteifreunde« an: Wenn der neue Vorsitzende gewählt ist, »müssen sich alle hinter ihn stellen, egal, ob sie ihn gewählt haben oder nicht«.

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