Die Bürger mischen kräftig mit
Bewohner von Marzahn-Hellersdorf können sich direkt an den Haushaltsberatungen beteiligen
»Mischen Sie mit!« fordert der Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf seine Bürger auf. Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE) und ihr Team wollten auf einer Internetseite wissen, was die Bewohner bedrückt, ärgert, was sie verändern wollen. »Aber natürlich konnten die Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge auch direkt bei den Stadtteilzentren einreichen, per Post an das Bezirksamt senden oder bei Bürgerversammlungen abgeben«, beruhigt Pressesprecherin Rosemarie Stegemann alle die, die über kein Internet verfügen.
Insgesamt 113 Vorschläge gingen während der zweimonatigen Aktion vom 1. November bis zum 31. Dezember 2010 allein auf der Internetseite des Bezirksamts ein. Dazu kommen noch die in den Stadtteilzentren abgegebenen Vorschläge. Die Bürger mischen kräftig mit, freut man sich im Bezirksamt. Die Menschen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf können sich weiterhin direkt an den Beratungen für den Haushalt 2012/2013 beteiligen. Bürgerhaushalte machen nur dann Sinn, wenn Bürgerinnen und Bürger tatsächlich an den Beratungen zu Haushaltsfragen teilnehmen. Dabei gelte der Grundsatz: Jeder, der mitwirken will, kann dies tun.
Zu diesen Bürgern gehört Rolf Piegsa. Er ist »entsetzt über die Trostlosigkeit des Ortsteilzentrums Mahlsdorf«. Als Bewohner des Siedlungsgebiets Mahlsdorf-Nord beklagt er den maroden Zustand einzelner Gebäude, keine erkennbaren städtebaulichen Linien sowie die dort eingezogene »Budenkultur«. Piegsas Vorschlag: »Das Erscheinungsbild Ortsteilzentrum rund um den S-Bahnhof Mahlsdorf ist schrittweise zu verbessern. Hierfür ist ein mit den Anliegern abgestimmtes Konzept zu erarbeiten, das den Belangen der Einwohner, Anlieger, Gewerbetreibenden und der Träger öffentlicher Belange, insbesondere des Verkehrs, entspricht. Einer weiteren Expansion von Discountern und Spielhallen ist entgegenzuwirken.«
Die Schaffung einer Oberschule in den Siedlungsgebieten Mahlsdorf-Süd und Kaulsdorf-Süd schlägt ein anderer Bürger vor. »Es gibt keine weiterführende Schule südlich der B 1«, begründet er seinen Wunsch. Und weiter: »Die Kinder müssen ab der siebenten Klasse bis nach Hellersdorf oder Köpenick fahren.« Ebenfalls für Mahlsdorf-Süd wird ein Spielplatz gefordert, zum Beispiel am Lehnitzplatz. Begründung: In Mahlsdorf-Süd gibt es nur sehr wenige Spielplätze, und die haben kaum Spielgeräte und sind sehr ungepflegt. Ein Neunjähriger aus Marzahn-Nordwest findet, dass lange Rutschen im Quartier fehlen. Eine Sechsjährige wünscht sich mehr Tunnelrutschen und Schaukeln.
Die Vorschläge werden nun geprüft, dann wird zuerst in den Stadtteilen abgestimmt. Am 19. Februar wird es anlässlich der Sozialtage eine zentrale Abstimmungsveranstaltung im Einkaufszentrum »Eastgate« geben. »Ab zehn Uhr können die Bürgerinnen und Bürger den ganzen Tag über die eingegangenen Vorschläge abstimmen«, erklärt Bürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE) das weitere Prozedere. Je Stadtteil werden die drei Vorschläge, die die meisten Punkte bekommen, dem Bezirksamt übergeben und in der Bezirksverordnetenversammlung eingereicht.
»Wir haben in dem Portal alle wichtigen Informationen zum Haushalt des Bezirks zusammengestellt und erläutern die Zusammenhänge von Einnahmen und Ausgaben. Außerdem stellen wir die Aufgaben und Vorhaben einzelner Bereiche des Bezirksamtes vor«, so die Bürgermeisterin, die das Bürgerhaushaltsportal Anfang November 2010 freischaltete.
Schon 2005 und 2006 wurden nach Bezirksangaben in Marzahn-Hellersdorf modellhaft in drei Stadtteilen Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung bei der Aufstellung des Haushaltsplans gesammelt. Anfang 2008 beschloss das Bezirksamt, den Bürgerhaushalt in allen Stadtteilen von Marzahn-Hellersdorf umzusetzen. Die aktuelle Kampagne zum Bürgerhaushalt wurde für den »Politikaward 2010« nominiert und kam in der Kategorie »Kampagnen öffentlicher Institutionen« unter die ersten fünf.
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