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Portugal will EU-Hilfen vermeiden

Regierung weist vor neuer Anleihenplatzierung Spekulationen zurück

  • Lesedauer: 3 Min.
Spekulationen an den Finanzmärkten rund um die Zahlungsfähigkeit Portugals setzen seit Tagen den Euro unter Druck. Die Regierung will Milliarden-Hilfen der europäischen Partner aber vermeiden, denn sie fürchtet einen herben Image-Schaden und harte Sanierungsauflagen von EU und IWF.

Lissabon (dpa/ND). Die portugiesische Regierung will die Sanierung der Staatsfinanzen allein stemmen und lehnt Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm weiter ab. »Portugal wird nicht um Hilfe bitten, weil dies nicht notwendig sein wird«, sagte Ministerpräsident José Sócrates am Dienstag. Das Haushaltsdefizit im Jahr 2010 liege deutlich unter dem bisher angenommenen Wert von 7,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

»Portugal ist in der Lage, seine Schulden auf den Kapitalmärkten zu finanzieren«, betonte der sozialistische Regierungschef. »Die Berichte über angebliche Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind Gerüchte und Spekulationen, die den Interessen des Landes schaden.«

Portugal will heute neue Staatsanleihen mit einer Laufzeit von drei bzw. zehn Jahren auf den Markt bringen. Von der Höhe des – von den Anlegern verlangten – Risikoaufschlags auf die Zinsen dürfte es entscheidend abhängen, ob die Finanzkrise sich weiter verschärft. Portugal ist hoch verschuldet und zahlt hohe Risikoprämien für seine langfristigen Anleihen. Kürzlich musste Portugal für eine sechs Monate laufende Anleihe Investoren einen extrem hohen Zins von vier Prozent p. a. bieten. Die Rendite zehnjähriger Papiere hat an den Kapitalmärkten die Rekordmarke von sieben Prozent überschritten. In dieser Woche sollen rund 1,5 Milliarden Euro aufgenommen werden. Im ganzen Jahr braucht Portugal etwa 20 Milliarden Euro.

Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos hatte zuvor in einem Radio-Interview betont, ein Gesuch um Hilfe würde dem Ansehen des Landes einen schweren Schaden zufügen. »Portugal würde Jahre benötigen, um sich davon zu erholen.« Der Minister übte zugleich Kritik an der EU: »Wie es aussieht, ist es die EU, die nicht ihren Job macht und für die Stabilität des Euro sorgt.«

Nach Medienberichten sollen die technischen Vorbereitungen für eine mögliche Milliardenhilfe der europäischen Partner aber bereits angelaufen sein. Wie die portugiesische Tageszeitung »Público« berichtete, könnte die Unterstützung für Westeuropas ärmstes Land 60 bis 100 Milliarden Euro betragen. Die EU-Kommission hat allerdings mehrfach Spekulationen zurückgewiesen, wonach in Brüssel über Portugal-Hilfen gesprochen wird. Die Euro-Finanzminister werden am kommenden Montag bei ihrem nächsten Treffen in Brüssel über Portugal beraten. Nach Auskunft von Diplomaten ist es aber bisher nicht ausgemacht, dass eine Hilfe an Lissabon auf der Tagesordnung stehen werde. Vieles hänge von den portugiesischen Staatsanleihen ab, die heute auf den Markt gebracht werden sollen.

Fast die Hälfte der deutschen Bankmanager rechnet laut einer Umfrage der Beratungsfirma Ernst & Young mit der Pleite zumindest eines Landes in Europa. 53 Prozent der im Dezember befragten Führungskräfte aus 120 Banken sehen diese Gefahr aber nicht. Unter denen, die mit Ausfällen rechnen, glaubt knapp die Hälfte an kurzfristige Verluste. Negative Auswirkungen von Ausfällen auf ihr eigenes Institut erwartetet ein Viertel der Befragten. »Die große Mehrheit der befragten Banken dürfte kaum oder keine Papiere der wackelnden Staaten halten und hat daher auch keine direkten Ausfälle zu befürchten«, sagte der Leiter des Bereiches Financial Services bei Ernst & Young, Claus-Peter Wagner. Zudem hätten sich die Papiere schwacher Euro-Länder durch den milliardenschweren Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank stabilisiert.

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