Der Streit um Block 6

Ruhe vor dem Sturm? Die Erweiterung des Kohlekraftwerks Staudinger lässt auf sich warten

  • Jörn Perske, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie geht's weiter im Streit um den Ausbau des Kohlekraftwerks Staudinger? Energieriese E.on verharrt und will Klagen gegen das Milliardenprojekt an der hessisch-bayerischen Grenze abwarten. Die Gegner scheinen sich derzeit für eine Justizschlacht zu formieren.

Ende 2010 fällte das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt die umstrittene Entscheidung: Der Energiekonzern E.on darf mit der Erweiterung seines Kohlekraftwerks in Großkrotzenburg an der Grenze von Hessen zu Bayern beginnen. Doch seither herrscht Stillstand. Der Stromriese bewegt sich nicht, auch von den Ausbaugegnern ist wenig zu hören. Fragen und Antworten:

Wieso hält sich E.on mit dem Baustart zurück? Das Unternehmen will abwarten, ob Ausbaugegner wie die Stadt Hanau gegen den milliardenschweren Bau von Block 6 klagen. »Wir müssen sehen, dass wir eine hohe Rechts- und Planungssicherheit haben. Deswegen wollen wir Klagen abwarten und deren genaue Begründung prüfen«, erklärte E.on-Sprecherin Julia Katzenbach-Trosch. Der Konzern wolle sich »keine Deadline für das Projekt setzen«.

Bis wann müssen die Gegner Klage erheben? Bis etwa Mitte März, sagte Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke, der die Stadt Hanau vertreten würde. Die RP-Genehmigung muss zunächst noch öffentlich ausgelegt werden. Dies werde wohl von Ende Januar an geschehen. Nach RP-Angaben wird die etwa 320 Seiten dicke Genehmigung 14 Tage öffentlich in den 22 betroffenen Kommunen ausgelegt. Im Anschluss läuft eine Frist von einem Monat. Bis zu deren Ende müssen sich die Gegner dann zur Klage entscheiden. Die genaue Begründung kann später nachgereicht werden. Das Stadtparlament Hanau will am 24. Januar entscheiden, ob gegen Block 6 geklagt werden soll. Der Magistrat hat schon zum Angriff geblasen. Noch unklar ist, ob weitere Kommunen sowie Umwelt- und Naturschutzverbände mitziehen.

Wo würde verhandelt? Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel ist zuständig. Die Klage würde sich gegen das Land Hessen richten, vertreten durch das RP Darmstadt. Das RP hat E.on eine Teilgenehmigung erteilt: Was ist mit dem Rest? Der gesamte Antrag ist in vier Teilbereiche unterteilt. Der zweite Teil sei bereits eingereicht, berichtete Eon. Bis Jahresende will Eon die letzten beiden Genehmigungen beantragen. Die erste ist aber die wichtigste, sie umfasst etwa Dreiviertel des Projekts: Darin geht es um umstrittene Umweltauswirkungen und den Bau wichtiger Anlagen.

Wieso verhalten sich die Bürgerinitiativen (BI) derzeit so ruhig? »E.on hat kein großes Interesse mehr am Ausbauvorhaben«, erklärte Winfried Schwab-Posselt, Sprecher der BI »Stopp Staudinger«. Der Konzern habe seine Strategie geändert. Kohle spiele keine Rolle mehr, weil die Atomkraftwerke länger laufen dürfen. E on setze eher auf Gaskraftwerke als Brückentechnologie. »E on macht einen Rückzieher. Das Projekt wird in der Schublade verschwinden.« Es werde »höchstens noch ein paar symbolische Bodenbewegungen geben«.

Was sagt E.on dazu? »Diese Einschätzung können wir nicht teilen. Dafür machen wir schließlich sehr viel Wind darum, nicht wahr«, sagte E.on-Sprecherin Katzenbach-Trosch. Staudinger sei, so die Einschätzung der Chefetage, ein hochattraktiver und wichtiger Standort. Der Bau werde letztlich nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit entschieden.

Wie lange würde der Bau dauern, wenn E.on seine Pläne umsetzt? Der Bau würde nach E.on-Angaben etwa vier Jahre dauern. Das bedeutet, dass Block 6 nicht vor 2015 in Betrieb geht.

Was passiert mit den Plänen zum Bau eines riesigen, zweiten Kohlelagers am Kraftwerk? Damit will E.on noch warten. Erst wenn Block 6 kommt, kommt auch das zweite Kohlelager. Im ersten Kohlelager hatte es im Sommer wiederholt Zwischenfälle mit glimmender Kohle gegeben. Anwohner hatten sich wegen des Gestanks beschwert.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal