Stadt vom Reißbrett
Leitideen zur Bauausstellung 2020 präsentiert
Am neuen Szene-Kiez Prenzlauer Berg scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite wird erschwinglicher Wohnraum für die Alteingesessenen knapp, auf der anderen kämpfen neu zugezogene junge Familien um einen ruhigen Südbalkon im sanierten Altbau. »Wer steht hier auf der richtigen Seite?« Diese Frage stellte die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bei der gestrigen Vorstellung der Leitideen zur Internationalen Bauausstellung (IBA) Berlin 2020.
Diese waren zuvor von einem siebenköpfigen Expertengremium – dem »Prae-IBA-Team« – entwickelt worden und sollen, so Junge-Reyer, eine Debatte um das Berlin der Zukunft anstoßen. Mit der nach 1957 und 1984/87 dritten Bauausstellung in Berlin sollen unter dem Motto »Stadtkapital!« neue Wege beschritten werden. Die Hauptstadt Berlin kann dabei durchaus als exemplarisch für einen zeitgemäßen Städtebau stehen. Das »IBA-Studio«, ein Ort für Diskussionen und Präsentationen rund um die IBA, befindet sich im Seitenflügel des Flughafens Tempelhof.
Das verweist auf Grundprobleme des Berliner Städtebaus. Denn mit der IBA wird sich auch das Schicksal der Brache des Tempelhofer Rollfelds entscheiden. Dass eine Hauptstadt sich mit Leerflächen beschäftigt, hängt vor allem damit zusammen, dass in Stadtzentren immer weniger Raum vorhanden ist. Günstiger Wohnraum wird nicht nur in Prenzlauer Berg knapp.
Dass die Bevölkerung einbezogen werden muss, steht außer Frage. »Guter Städtebau ist eine öffentliche Sache«, betonte die Architektin Sonja Beeck. Mithilfe von Diskussionsplattformen wie dem »IBA Dinner« oder dem »IBA-Talk« sollen Experten und Interessierte ins Gespräch kommen. Wie die Beteiligung konkret aussehen soll, blieb allerdings unklar. Stattdessen zog man sich auf die Betonung der fast sprichwörtlichen »Vielfalt« Berlins zurück. Eben damit soll die Gratwanderung zwischen Regierungsviertel und Kiez, bezahlbarem Wohnraum und neuen Investoren, zwischen Architektur und Landschaft gelingen.
Auch die Ausstellung im »IBA-Studio«, die am 26. Januar eröffnet wird, konkretisiert die Ideen nicht. Auf Styropor gezogene Fotos zeigten bunte Graffiti in verschiedenen Sprachen und auf meist verschmutzen Wänden. Lüscher erläuterte, es sei vor allem wichtig, »die Brücke zwischen Kiez und Hauptstadt zu schlagen«.
Ab 27.1. Flughafen Tempelhof, Alte Zollgarage (links neben dem Haupteingang des Flughafens, Platz der Luftbrücke, Tempelhof. Eintritt frei.
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