- Politik
- Personalie
Komödiant
Jean-Claude Duvalier / Haitis Ex-Diktator »Baby Doc« kehrte zurück und gibt sich als Helfer
»Die Stunde der Komödianten« heißt ein 1966 erschienener Roman des britischen Schriftstellers Graham Greene (1904-1991). Das Buch vermittelt ein beklemmendes Bild des Terrorregimes unter Diktator François Duvalier (1907- 1971), genannt »Papa Doc«, in Haiti. Erlebt Haiti, das weiter unter den Folgen des schweren Erdbebens vor einem Jahr leidet und nach der Präsidentschaftswahl in einer politischen Krise steckt, erneut eine Stunde der, besser: des Komödianten? »Papa Docs« Sohn Jean-Claude Duvalier (»Baby Doc«), an den einst nach dem Tod seines Vaters das Amt des Staatsoberhaupts gefallen war, kehrte nämlich aus dem französischen Exil in die frühere Heimat zurück.
Zusammen mit seiner Partnerin Véronique Roy landete der 59-Jährige am Sonntag (Ortszeit) auf dem Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince und erklärte, er sei »gekommen, um zu helfen«. Ein geläuterter Despot? Oder ein klassischer Fall von Chuzpe? Schließlich sind die Leiden und Verluste, die die fast drei Jahrzehnte währende Herrschaft der Duvaliers Haiti zufügte, in ihren Dimensionen durchaus mit der aktuellen Naturkatastrophe vergleichbar.
Während die berüchtigte Geheimpolizei Tontons Macoutes die in tiefster Armut lebende Bevölkerung terrorisierte, schwelgte der Herrscherclan im Luxus. Allein aus Staatsunternehmen, die er kontrollierte, bezog »Baby Doc« jährliche Einnahmen von über 100 Millionen Dollar. Die gleiche Summe an Staatsgeldern soll er laut Angaben der haitianischen Behörden unterschlagen haben. Als 1986 Jean-Claude Duvalier durch einen Volksaufstand gestürzt worden und nach Frankreich geflohen war, hatte die Tyrannei der Duvaliers etwa 30 000 Menschen das Leben gekostet. Zwar hatte sich Duvalier jr. 2007 für die »Fehler« während seiner Amtszeit entschuldigt. Doch Menschenrechtsorganisationen forderten jetzt einen sofortigen Prozess gegen »Baby Doc«. Dieser sei verantwortlich für Massaker und Folter, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verjährten.
Eine Menge Menschen sehen das offenbar anders. Immerhin hatten sich Hunderte Anhänger Duvaliers eingefunden, als dieser in einem Auto der UNO das vom Beben zerstörte Port-au-Prince besichtigte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.