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Zusätzliche Sperren am Griebnitzsee
Stadt Potsdam möchte die Errichtung von Stegen für Spaziergänger prüfen
Offenbar haben sie nur abgewartet. Nachdem es um die beiden bisherigen Ufersperrungen durch Anwohner in Potsdam allmählich ruhig geworden ist, wurden nun erneut Tatsachen geschaffen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion haben am Wochenende zwei weitere Anrainer des Griebnitzsees dicht gemacht. Nun ist das letzte Uferstück gesperrt, das einen Spaziergang noch lohnte. Einwohner und Besucher Potsdams sind nun vom schönsten Ufer der Stadt weitgehend abgeschnitten.
Mit schwerem Gerät wurden am Sonnabend im Morgengrauen massive Sperrungen in den Boden gerammt. Ein hoher Wall, bewacht von Wachschutz und Hunden, verhindert seither den Durchgang des Abschnitts vom Bahnhof Griebnitzsee bis zur Berliner Stadtgrenze. Den einstigen Postenweg der DDR-Grenztruppen benutzten bislang Radler und Spaziergänger. Jetzt ist er quasi geschlossen wie früher. Pikanterweise fehlen heute nicht einmal die Schäferhunde. Eine Sperre steht am Haus von Thomas Klein, der Anfang der 90er Jahre Generalsekretär der brandenburgischen CDU war. Er trägt aber keine Schuld. Das Stück Land direkt am Wasser gehört ihm nicht.
Am Wochenende waren Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg an den Ort des Geschehens geeilt. Dort mussten sie sich von der Ohnmacht der Polizei überzeugen lassen. Denn es handelten private Eigentümer. Lediglich die Tatsache, dass bei der Errichtung der Sperren ein öffentlicher Weg schwer beschädigt worden ist, kann zur Anzeige gelangen. In der Sache selbst kann die Stadtverwaltung zunächst nichts unternehmen, weil ein gültiger Bebauungsplan fehlt.
Im Oberbürgermeister-Wahlkampf hatte Scharfenberg dem späteren Sieger Jakobs Fahrlässigkeit beim Umgang mit dem Griebnitzseeweg vorgeworfen. Obwohl Stadtverordnetenversammlung und Oberbürgermeister der Erarbeitung eines Bebauungsplans bis September selbst »höchste Priorität« zumaßen, finde sich Jakobs mit einer Verschiebung des Projektes auf Dezember ab. Und das aus dem trivialen Grund, weil eine Mitarbeiterin wegen Krankheit fehle, merkte Scharfenberg damals an. Er warnte: »Das wird die Position der Stadt deutlich verschlechtern.« Gegenüber Anwohnern erklärte Jakobs am Wochenende, dass sich ein Bebauungsplan »in Arbeit« befinde. Er wolle den Bau eines Stegs »kurzfristig prüfen« lassen, damit Fußgänger zu den noch freien Wegabschnitten gelangen könnten. Scharfenberg signalisierte Unterstützung.
Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg fühlten sich Anwohner des Griebnitzsees ermuntert, den Uferweg abzuriegeln. Vor etwa einem Jahr schritten dann in Potsdam auch Anrainer des Groß Glienicker Sees zur Tat, indem sie Zäune bauten und Wachpersonal anheuerten.
Vorausgegangen war den Streitfällen eine jahrelange juristische Auseinandersetzung der Stadtverwaltung mit den Anrainern. Die Stadt wollte und will die Uferwege frei halten und suchte die Übereinkunft mit den Eigentümern. Weil diese Bemühungen durch die Sperrungen gegenstandslos geworden sind, machte die Stadt den ersten Schritt hin zu einer Enteignung. Jene acht Anrainer, welche die Verhandlungen mit der Stadt für beendet erklärten, erhielten ein Angebot für die Uferareale. Sollten sie den Verkauf verweigern, so werde die Stadt bei Innenministerium den Antrag stellen, »das Eigentum zu entziehen«, hieß es.
Es sind übrigens keineswegs sämtliche Anrainer, die sich gegen eine öffentliche Nutzung der Wege wehren. Die Stadt kann immer noch von einer kooperationsbereiten Mehrheit ausgehen.
Die einstmals erhoffte unentgeltliche Übertragung der Mauergrundstücke am Griebnitzsee an die Stadt Potsdam ist laut Umweltministerin Anita Tack (LINKE) nicht zustande gekommen, weil Sachsen dies abgelehnt habe.
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