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Ignoriertes Minderheitenvotum

Hessens LINKE klagt gegen Beeinflussung der Wähler für Einführung der Schuldenbremse

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Gegen die einseitige Beeinflussung der Wähler durch Staatsorgane im Vorfeld der Volksabstimmung über die Verankerung einer Schuldenbremse in der hessischen Verfassung wird die hessische Linksfraktion beim Hessischen Staatsgerichtshof klagen. Dies teilte Fraktionschef Willi van Ooyen am Mittwoch vor Journalisten in der Landeshauptstadt Wiesbaden mit.

Willi van Ooyen, der Fraktionschef der Linkspartei im hessischen Landtag, sieht in dem von CDU, FDP, SPD und Grünen beschlossenen Vorgehen in Sachen Schuldenbremse eine »offensichtliche Verletzung demokratischer Grundprinzipien«, die »eindeutig verfassungswidrig« sei. Es geht um die Volksabstimmung am 27. März über die Frage, ob die Schuldenbremse in der hessischen Landesverfassung zu verankern sei. Die LINKE, die eine solche Verfassungsänderung ablehnt, könne und wolle »nicht hinnehmen, dass staatliche Organe Wahlunterlagen versenden, die ein bestimmtes Abstimmungsverhalten nahelegen«, sagt van Ooyen. Mit der Klage soll dies verhindert werden. Derzeit bemühe sich die Linksfraktion um einen »renommierten Staatsrechtler, der in den nächsten Tagen die Klage vorbereiten wird«.

Befürchtungen der Gegner

Die hessische LINKE hatte sich bei der entscheidenden Plenarsitzung im Dezember 2010 vergeblich darum bemüht, das von ihr vertretende Minderheitenvotum gegen die Schuldenbremse im Landtagsbeschluss und im Anschreiben an die Wähler wenigstens zu erwähnen. Dies hatten die anderen Fraktionen abgelehnt. Daher wird nun der Landeswahlleiter alle Wahlberechtigten mit dem umstrittenen Text anschreiben. Nach intensiven mehrtägigen Beratungen und Rücksprache mit dem geschäftsführenden Landesvorstand der hessischen Linkspartei hat sich die Fraktion nun für den Klageweg entschieden.

Die von einigen Akteuren zunächst geäußerten Befürchtungen, dass die Einreichung einer Klage mit ungewissem Ausgang die jetzt anlaufende Mobilisierung eines breiten Bündnisses gegen die Schuldenbremse hemmen könnte, sind damit offensichtlich ausgeräumt. Der Hessische Staatsgerichtshof ist gemäß hessischer Verfassung das für Entscheidungen in Sachen Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, Verletzung von Grundrechten und Verfassungsstreitigkeiten zuständige Organ. Er besteht aus elf Mitgliedern, die vom Landtag auf sieben Jahre gewählt werden. Da alle elf Mitglieder von den Fraktionen von CDU, FDP, SPD und Grünen ernannt wurden, die ausnahmslos die Schuldenbremse befürworten, sind viele im Lager der LINKEN und der Gewerkschaften skeptisch, ob die Klage erfolgreich sein wird. Allerdings gehen manche davon aus, dass selbst bei einer Ablehnung durch den Staatsgerichtshof das Medienecho um die Klage dem Anliegen der Gegner einer Verfassungsänderung zugute- kommen dürfte.

Unbehagen an der Basis

Unterdessen bereiten sich die in der »Plattform für ein handlungsfähiges Hessen« zusammengeschlossenen Gewerkschaften, Sozialverbände, Schüler- und Studierendenvertretungen intensiv auf die Aktions-, Vernetzungs- und Informationstagung am kommenden Samstag in Frankfurt am Main vor. Dabei wollen sie Argumente austauschen und vertiefen und die praktischen Seiten der anstehenden Nein-Kampagne diskutieren.

An der Basis von SPD und Grünen, deren Landtagsfraktionen einstimmig pro Schuldenbremse gestimmt haben, herrscht ein breites Unbehagen. So werden sich viele Gewerkschafter und Funktionäre der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit SPD-Parteibuch für ein Nein stark machen.

Für eine von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Darmstadt anberaumte Multiplikatorenschulung haben sich dem Vernehmen nach schon doppelt so viele Teilnehmer angemeldet wie von den Veranstaltern geplant. Die hessische DGB-Jugend will vor und in Berufsschulen das Für und Wider der Schuldenbremse diskutieren. Die LINKE wird dem Aktionsbündnis mit Rücksicht auf dessen Überparteilichkeit zwar nicht beitreten, beteiligt sich jedoch mit Argumentationshilfen und Aktivitäten an der Aufklärung.

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