Haitis Wahlrat pfeift auf OAS
Nach »Baby Doc« will auch Jean-Bertrand Aristide zurück auf die Insel
Haitis Provisorischer Wahlrat (CEP) hat die Empfehlungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ignoriert und das umstrittene Wahlergebnis vom November vergangenen Jahres nicht korrigiert. Die Wahl vom 28. November sei gültig, sagt der CEP-Chef Dorsinvil Gaillot.
Wahlratschef Dorsinvil Gaillot teilte am Donnerstag mit, dass man der Empfehlung der internationalen Wahlbeobachter nicht folgen werde und am Anfang Dezember verkündeten Wahlergebnis festhalte. Demnach kämen die rechtskonservative Rechtsprofessorin Mirlande Manigat mit 31,6 Prozent und der Kandidat der Regierungspartei »Einheit«, Jude Célestin, mit 22,5 Prozent der Stimmen in die Stichwahl. Der nur um knapp 0,6 Prozentpunkte hinter Célestin zurückliegende Sänger »Sweet Micky« Michel Martelly hätte das Nachsehen.
Die internationalen Wahlbeobachter hatten ein Revision des Ergebnis gefordert, weil das Stimmergebnis für Célestin, den Schwiegersohn des amtierenden Präsidenten René Préval, nur durch massive Wahlmanipulation zustande gekommen sei. Sie hatten eine Stichwahl zwischen Manigat und Martelly empfohlen.
Beobachter rechnen in den nächsten Tagen mit heftigen Auseinandersetzungen in Port-au-Prince und den südlichen Provinzen, wo der Sänger viele Anhänger besitzt. Martelly forderte im Rundfunk seine Anhänger auf, gegen die »Manöver von Präsident Préval und der provisorischen Wahlkommission« zu protestieren. Sie sollten »friedlich demonstrieren« und ein »gutes Resultat« verlangen.
Schon vor der Schließung der Wahllokale am 28. November waren Martellys Wähler auf die Straße gegangen, hatten brennende Barrikaden errichtet und Wahllokale angegriffen, um gegen Manipulationen zu protestieren.
Auch der UN-Sicherheitsrat hat Haiti noch einmal eindringlich gewarnt, an der Entscheidung des CEP festzuhalten. Im Falle einer Stichwahl, an der Célestin teilnimmt, könne sich das Land nach dem »verheerenden Jahr« mit Erdbeben und Choleraepidemie nicht auf den Wiederaufbau konzentrieren, warnte Alain Le Roy, der als Untergeneralsekretär für den Einsatz der UN-Blauhelme verantwortlich ist.
Auch der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig unterstützte »die Empfehlungen der OAS-Expertenkommission«, das Wahlergebnis zu korrigieren. Er habe die »große Sorge«, dass die politische Krise den Wiederaufbau des Landes behindere, sagte Wittig.
Der am vergangenen Sonntag überraschend aus seinem französischen Exil zurückgekehrte frühere Diktator Jean-Claude Duvalier hat durch seinen Anwalt jeden Zusammenhang seiner Rückkehr mit der Wahl zurückweisen lassen. Er wolle in den derzeitigen Wahlprozess nicht eingreifen, ließ Duvalier in einer Erklärung in Radio Kiskeya verkünden. Der 59 Jahre alte »Baby Doc«, unter dessen 15-jähriger Herrschaft 30 000 Oppositionelle ermordet wurden, ist inzwischen offiziell unter Anklage gestellt worden. Er darf das Land vorerst nicht wieder verlassen.
Aus Südafrika hat sich derweil ein anderer ehemaliger Staatschef gemeldet. Der im Jahre 2004 von den USA ins Exil gedrängte Jean-Bertrand Aristide will ebenfalls in seine Heimat zurückkehren und sich in den politischen Prozess einbringen. Während Frankreich durchaus duldete, dass »Baby Doc« mit einem Diplomatenpass nach Haiti reiste und damit die politische Krise weiter anheizte, übt es gemeinsam mit den USA auf Südafrika Druck aus, den ehemaligen Armenpriester Aristide nicht in Richtung Karibik reisen zu lassen.
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