Dorothy Thompson

FRAUEN-GESCHICHTE(N)

  • Martin Stolzenau
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie sorgte weltweit für Schlagzeilen. Sie bewirkte bei Adolf Hitler einen Wutanfall. Und sie nannte in einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat den US-Präsidenten Harry Truman, den britischen Premier Winston Churchill sowie den sowjetischen »Generalissimus« Josef W. Stalin Lügner.

Die couragierte Frau wurde 1894 in Lancaster bei New York geboren. Ihr Vater, ein Methodistenprediger, ermöglichte ihr eine umfassende Schulbildung. Sie studierte in New York und Wien Geisteswissenschaften. Die überaus weltgewandte und attraktive Frau heiratete 1923 den ungarischen Journalisten Joseph Bard und wechselte im Jahr darauf nach Berlin, wo sie prominente Freunde gewann, darunter die Schriftsteller Thomas Mann, Bertolt Brecht, Stefan Zweig und Carl Zuckmayer. Ihre Artikel über das deutsche Geistesleben wie auch den Aufstieg der NSDAP waren in den USA meinungsbildend. Die mittlerweile mit dem Schriftsteller Sinclair Lewis verheiratete Thompson traf sich 1932 im Berliner Hotel »Kaiserhof« mit Adolf Hitler zu einem Exklusivinterview. Sie wollte ihm persönlich auf den Zahn fühlen. Hitler seinerseits hoffte, die prominente Journalistin zu benutzen, um sich für die Leser in den USA ins rechte Licht zu setzen. Hitler redete ohne Punkt und Komma, als »wäre er auf einer Massenversammlung«. Die Amerikanerin stellte ihn als komische Figur dar. Sie war deshalb die erste Auslandskorrespondentin, die nach dessen Machtübernahme Berlin sofort verlassen musste.

Die Thompson betrieb nun in den USA mit Feuereifer antifaschistische Aufklärung, avancierte zur amerikanischen Kassandra, deren Warnungen man indes lange Zeit für übertrieben hielt. Befreundet mit der Präsidentengattin Eleanor Roosevelt, half sie bei der Einbürgerung deutscher Emigranten wie Thomas Mann. Inzwischen lebte sie in dritter Ehe mit dem tschechischen Künstler Maxim Kopf zusammen. Ihre Rede 1946 vor dem UN-Sicherheitsrat, wo sie die Frauen und Mütter vertrat, die ihre Männer und Söhne im Krieg verloren hatten und die nun einen dauerhaften Frieden einklagten, gilt als Geburtsstunde von W.O.M.A.N. (Weltorganisation der Mütter aller Nationen). Dorothy Thompson starb am 30. Januar 1961 beim Besuch der Familie ihres Sohnes in Lissabon.

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