Karlsruhe muss über sich selbst urteilen

Sicherungsverwahrte Straftäter pochen auf Straßburger Urteil: Nachträgliches Wegsperren ist menschenrechtswidrig

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt heute wieder einmal über die Sicherungsverwahrung. Auch Straftäter, die als hochgefährlich eingestuft werden, dürfen nachträglich – nach dem Urteil – nicht zu diesem Freiheitsentzug von unbestimmter Dauer verurteilt werden. So entschied der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR). Die Karlsruher Richter müssen nun sehen, wie das mit den eigenen Entscheidungen der Vergangenheit zusammenpasst.

In Grundsatzentscheidungen hatte der Zweite Senat des höchsten Gerichts zweierlei befunden: Bei der Sicherungsverwahrung handele es sich nicht um eine Strafe, so dass die nachträgliche Aufhebung der Höchstdauer von 10 Jahren verfassungsgemäß sei. Auch die nachträgliche Anordnung dieser Maßregel nach Verbüßung der Haft wurde so gerechtfertigt. In Karlsruhe findet nun die mündliche Verhandlung über Verfassungsbeschwerden von vier Gewalt- und Wiederholungstätern statt, die sich gegen nachträglich angeordnete oder unbefristet verlängerte Sicherungsverwahrung wenden. An Urteilen und Beschlüssen deutscher Gerichte zur Sicherungsverwahrung herrschte nach dem EGMR-Urteil vom 17. 12. 2009, gegen das die Bundesregierung Berufung einlegte, aber im Mai 2010 erneut scheiterte, kein Mangel. Aber trotz des klaren Votums aus Straßburg, das Sicherungsverwahrung in Deutschland als Strafe, nicht als bloße »Maßregel« einstufte, weil sie sich in der Praxis...


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