Schrottimmobilien-Deal geplatzt
Verkauf der landeseigenen BIH an einen Investor scheiterte an fehlender Transparenz bei Verträgen
Mit einem Schlag wäre das Schreckenskapitel Bankenskandal beendet gewesen. Es fehlten lediglich die Unterschriften unter die bereits ausgehandelten Verträge. Doch der Verkauf der milliardenschweren Immobilienrisiken, die in der landeseigenen Berliner Immobilienholding (BIH) konzentriert sind, an einen Investor ist vorerst gescheitert. Dies erklärten gestern der Regierende Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit (SPD) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) im Anschluss an die Sitzung des Senats im Roten Rathaus.
Ursächlich für das Platzen des Deals mit den Schrottimmobilien, zu denen republikweit neben Kaufmärkten, Altenheimen und Spaßbädern allerdings auch zigtausende hochwertige Wohnungen zählen, war laut Nußbaum das Begehren des Finanzinvestors, dass die »Käuferstruktur bis zum Abschluss der Verhandlungen geheim bleibt«. Demnach war ein britisches Konsortium als Käufer aufgetreten, das Kapital eines Staatsfonds aus Abu Dhabi investieren wollte. Solche »Geheimverträge« wären aber nach den Erfahrungen bei den Berliner Wasserbetrieben in der Stadt nicht mehr vermittelbar. »Es nützt nichts, wenn man in Diskussionen mit dem Abgeordnetenhaus und dem Senat den Verkaufsprozess nicht darstellen darf«, begründete Klaus Wowereit den Abbruch der Verhandlungen. Schließlich sei man »absolute Transparenz« schuldig und wolle sich nicht noch einmal unter »Generalverdacht« stellen lassen.
Damit reagierte der rot-rote Senat auch auf die anhaltende Kritik vom linken Flügel der SPD, der große Bauchschmerzen mit dem Verkauf von landeseigenen Wohnungen hatte. Erst recht zu Zeiten des Wahlkampfes und angesichts einer Debatte über rasant steigende Mieten in der Hauptstadt. Nach Angaben des Finanzsenators wären die Käufer zwar bereit gewesen, die in den Immobilienfonds enthaltenen Wohnungen an das Land Berlin zu veräußern, auch die Risiken aus der Abschirmung sollten übernommen werden, aber einer Offenlegung der Verträge wollten die Käufer auch nach politischem Druck nicht zustimmen.
Für Berlin bedeutet das jetzt, dass die Stadt weiter auf der BIH und den damit verbundenen Risiken für die garantierten Renditen sitzen bleibt. Die finanziellen Rücklagen indes, die das Land nach dem Verkauf der Bankgesellschaft bildete, sind inzwischen zusammengeschmolzen: Von ursprünglich 4,6 Milliarden Euro sind laut Senat 3,97 Milliarden Euro aufgebraucht. Künftig muss das Land Berlin, hat Nußbaum errechnet, etwa 140 Millionen Euro an Belastungen im Jahr für die BIH aufbringen. Auch deshalb würde der Senat die Immobilienholding lieber heute als morgen loswerden. Doch angesichts fehlender Interessenten soll die BIH jetzt umstrukturiert und wirtschaftlicher gemacht werden.
Naturgemäß unterschiedlich bewerteten gestern Regierungskoalition und Opposition den Verkaufsabbruch. Während LINKE und SPD die BIH-Entscheidung als »konsequent«, »verantwortungsvoll« und »sachgerecht« einstuften, sah die CDU im Scheitern des Verkaufs eine »schwere Niederlage für Nußbaum« und einen »Rückschlag für Rot-Rot« insgesamt. Die Grünen forderten den Finanzsenator auf, zu erklären, wie er die jährlichen Belastungen künftig kompensieren will.
Die Berliner Immobilienholding (BIH)
- Die Berliner Immobilienholding (BIH) wurde 2006 gegründet, um die 29 Immobilienfonds der einstigen Bankgesellschaft Berlin zu übernehmen. Die Risikofonds blieben beim Land und wurden von der BIH verwaltet.
- Die Fonds umfassen ein Sammelsurium von über 3000 Gewerbeeinheiten – von der Tankstelle bis zum Pflegeheim – und mehr als 39 000 Wohnungen, davon rund 20 000 in Berlin.
- Die Fonds hatten einst den Bankenskandal ausgelöst. Ihr Problem: Trotz schlechter Qualität der Immobilien garantieren sie den Anlegern hohe Mieteinnahmen.
- Der Leerstand betrug 2009 zwölf, in Berlin 7,7 Prozent. Hinzu kam während der Wirtschaftskrise ein Einbruch bei den Gewerbeimmobilien.
- In Berlin verwaltet die BIH die meisten Wohnungen in Marzahn-Hellersdorf (5580), Lichtenberg (3030), Neukölln (2664) und Spandau (2256). Zu den 20 000 Wohnungen gehören rund 7000 Appartements, in denen beispielsweise Studenten wohnen.
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