Schaubude

Mit »Rose!« in die Hypnose

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Nein, die Frau Dr. Belzig ist nicht der Kuscheltyp. Eher praktiziert sie nach dem Prinzip: der fantasiereiche kleine Patient, mein größter Feind. Und wenn sie sich mit den Worten zurückzieht, sie hätte »was Kleines zu erledigen«, kann man sicher sein, dass wieder jemand dran glauben muss. Gerade hat sie es auf Pegasus abgesehen. Oder auf Rosinante? Sie möchte doch nur helfen. Eine starke Persönlichkeit, so viel Wissen und Fantasie schade doch den kleinen Körpern nur. Was will man denn auch mit so viel Seele. Also greift sie zur Schere – und raus damit. Gnädig gibt es vorher Hypnose. Das Schlüsselwort dafür ist »Rose!«

Für Erwachsene und Jugendliche zeigen Kaufmann & Co. ihr Stück »Auf nach La Mancha!« nach dem künstlerischen Konzept von Gyula Molnàr im Abendprogramm der Schaubude Berlin. Das Stück ist vom Ensemble so dicht geschrieben und mit so viel Hintersinn versehen, dass man von einem Staunen ins andere fällt. Die Künstler vertrauen auf die Neugierde wie auf das Wissen der Zuschauer und verzichten auf großartige Erklärungen. Ins journalistische Arbeiten übersetzt, könnte man sagen, es steht hier allerhand zwischen den Zeilen.

In der besagten Praxis bekommen die Patienten Nummern und werden in der dritten Person angeredet. »Hör' Er jetzt auf, zu allegorieren!« Wenn man von Nummer eins, dem Spitzel vom Dienst, absieht, kommt die Geschichte mit Herrn von Frankenstein ins Rollen. Dieses von Menschen kreierte Wesen hat gierig alles an Wissen und Fantasie ins sich aufgenommen, was zu haben war. Das könne nicht gut sein, diagnostiziert die fragwürdige Ärztin. Nun habe man den Salat, genannt multiple Persönlichkeitsstörung. Hinlegen. »Rose!« Alles muss raus. Der Mund wird auch noch zugenäht, um neue Infekte durch Altlasten zu verhindern. Dr. Belzig ist zufrieden: »Jetzt fühlt Er sich schön leer!«

Sechs Monate später leben die mit Nummern versehenen, aus Frankenstein extrahierten Wesen immer noch zusammen und wehren sich zäh. Nummer 4, noch das frühere Leben als Comicfigur im Kopf, hat ihren Bart versteckt und heftet ihn heimlich an. Nummer 3, der alte, bärtige Herr, proklamiert immer noch schlafwandelnd: »Ohne Produktion, keine Konsumtion...« oder »Kunst ist ein Hammer...«. Nummer 2, das kleine Mädchen mit roter Kappe und einem kleinen Körbchen, erwartet nach wie vor eine haarige Begegnung und fordert schließlich sogar den herausoperierten Ritter der traurigen Gestalt auf: »Los, lass den Wolf raus!« Der weiß natürlich überhaupt nicht, was gemeint ist. Er hat nur seine Dulcinea im Kopf. So geht's weiter und weiter. Herr von Frankenstein beginnt schon verzweifelt, sich nun auch körperlich zu demontieren. Da findet eines der geplagten Wesen schließlich einen Ausweg.

Menschen, Puppen und Objekte sind im Bühnenbild von Werner Wallner rasant im Bündnis oder im Widerstreit. Wer sich darauf einlässt, dem gekonnten 60-minütigen Spiel von Alexandra und Eva Kaufmann zu folgen, dem ist geistreicher Spaß versprochen. Adelante! Die Reise ins Puppentheater lohnt. Also »Auf nach La Mancha!«

12./13.2., 20 Uhr, Schaubude, Greifswalder Str. 81, Prenzlauer Berg, Tel.: 423 43 14, www.schaubude-berlin.de

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