Die Hoffnung heißt Blu-ray
Auch in Thüringen schließen immer mehr Videotheken. Die Verleihbranche ist im Umbruch
Gera. Die deutsche Videoverleihbranche ist im Umbruch. Vor allem das Internet setzt die örtlichen Läden unter Druck und macht ihnen die jungen Nutzer abspenstig. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Kunden fast halbiert, das Videotheken-Sterben setzt sich stetig fort. Doch noch immer wird der Großteil des Verleihumsatzes in den Läden gemacht, denn das legale Anschauen von Filmen via Internet setzt sich nur langsam durch. Die Betreiber in Thüringen grämt, dass sie anders als ihre Kollegen in nun elf Bundesländern ihre Videothek sonntags nicht öffnen dürfen.
Nach jüngsten Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung ging der Umsatz mit Leihvideos 2010 um 2 Prozent auf 264 Millionen Euro zurück. Zwar stiegen die Erlöse aus der Vermietung von Blu-rays und HD-DVDs um 9 Millionen Euro oder 61 Prozent, doch konnten sie den Rückgang bei herkömmlichen DVDs nicht kompensieren. So mussten die traditionellen Videotheken erneut ein Minus von fünf Prozent hinnehmen, wie der Bundesverband Audiovisuelle Medien berichtet. Digitale Verleiher konnten ihren Umsatz von 13 auf 21 Millionen Euro steigern, haben damit aber erst acht Prozent Marktanteil. »Irgendwie scheint der Deutsche lieber raus ins Geschäft zu gehen und dort den Film in die Hand zu nehmen, als ihn sich digital via Internet auf den Bildschirm zu holen«, sagt Hans-Peter Lackhoff, Geschäftsführender Vorstand des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels.
Verzicht auf Erotikbereich
Die jüngere Generation ticke schon anders und betrete immer seltener eine der knapp 2800 Videotheken in Deutschland, sagt Lackhoff. »Die verbringen viel Zeit bei Facebook und Youtube – Zeit, die ihnen für herkömmliche Videos fehlt. Und im Internet sind sie nur einen Klick von illegalen Seiten entfernt.« So sei das Durchschnittsalter der Videothekennutzer in den vergangenen Jahren von 30 auf 35 Jahre gestiegen. Der Erotikbereich friste wegen der vielen anonymen und teils sogar kostenlosen Angebote im Netz nur noch ein Nischendasein. »Viele Videotheken verzichten inzwischen sogar ganz auf dieses Segment«, berichtet Lackhoff.
Nach Angaben des Verbandes hat sich das Videotheken-Sterben 2010 aber etwas verlangsamt. Ihre Zahl sank um 214 auf nunmehr 2795 Geschäfte und Automaten. In den Jahren zuvor war der Rückgang noch zwei- bis dreimal so hoch. Zu beobachten sei, dass Länder, in denen Videotheken sonntags nicht öffnen dürfen, überdurchschnittlich stark betroffen seien, vor allem Bayern und Baden-Württemberg.
In Thüringen sperrt sich die Landesregierung gegen eine Sonntagsöffnung. Argumentiert wird, dass Medien problemlos auch schon samstags ausgeliehen werden könnten und daher keine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz gerechtfertigt sei. Ohne die Öffnung am Sonntag, so eine Befürchtung der Branche, könnten mehr Kunden ins Internet abwandern und sich ihre Filme bei Online-Verleihern anschauen. Denn auch in Thüringen geht die Zahl der örtlichen Videotheken zurück. 2010 sank sie auf 73, vor zwei Jahren waren es noch mehr als 90.
Der DVD-Effekt
Erwartet wird ohnehin, dass sich die Nachfrage weiter hin zur digitalen Ausleihe entwickelt. »Die große Frage ist nur: Wann wird das digitale Thema, das jetzt noch eine Nische ist, zu einem Massenprodukt«, sagt Ernst Trapp, Geschäftsführer von Lovefilm.de, einer Tochter des Online-Buchhändlers Amazon.
Derweil setzen die traditionellen Videotheken große Hoffnungen auf neue Technologien wie Blu-ray und 3D. Anfang des vorigen Jahrzehnts hatte das Aufkommen der DVD die Umsätze zeitweise beflügelt. Dass sich dies nun wiederholt, glaubt Lackhoff jedoch nicht. Zwar seien die Erlöse mit diesen neuen Formaten stark steigend, doch setzten sie sich langsamer durch als damals die DVD. »In den nächsten fünf bis zehn Jahren sind die Videotheken kein Auslaufmodell«, ist Lackhoff überzeugt. »Was danach ist, lässt sich schwer prognostizieren.«
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