Zivilcourage ist Pflicht
Überfall im U-Bahnhof hätte schlimmer enden können
(dpa). Der brutale Überfall im U-Bahnhof Lichtenberg, bei dem ein Handwerker ins Koma geprügelt wurde, hätte noch schlimmer enden können. Ein Unbekannter habe offenbar den zweiten Überfallenen aus Rostock gerettet, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Der Zustand des Malers im künstlichen Koma ist weiter kritisch. Vier Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Den drei Jugendlichen im Alter von 17 Jahren sowie einem 14-Jährigen wird versuchter Raubmord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Ermittler suchen nach Zeugen.
Die beiden 30-jährigen Handwerker wurden am Freitagabend ohne ersichtlichen Grund angegriffen. Laut Staatsanwaltschaft sollten sie »abgezogen« werden. Während das Opfer aus Berlin zusammengeschlagen und -getreten auf einem unterirdischen Bahnsteig liegen blieb, habe es sein Kollege aus Rostock noch geschafft, sich zunächst zu verstecken, so die Ermittler gestern. Doch die Angreifer hätten ihn dann aufgespürt und zurück auf die Straße getrieben, wo sie auf ihn einschlugen. Erst durch das verbale Eingreifen des Unbekannten hätten die Schläger von dem zweiten Maler abgelassen und die Flucht ergriffen.
»Der Mann wird dringend als Zeuge gesucht«, sagte Steltner. Erste Angaben, wonach der Mann mit seinem Auto angehalten habe und eingeschritten sei, wurden relativiert. Es gebe mehrere Versionen, hieß es nun. Der Mann könne auch ein Fußgänger gewesen sein. In Ermittlerkreisen wurde von einem katastrophalen Verhalten von Zeugen gesprochen. Obwohl in dem U-Bahnhof Lichtenberg Zeugen waren, ging nur ein Notruf ein. Einer soll auch noch die Jacke des reglosen Opfers entwendet haben. Unklar blieb bislang, ob und wenn ja, wann sich der zweite Überfallene bei der Polizei meldete. Er soll nach der Attacke zunächst in einen Zug gestiegen und nach Hause gefahren sein.
Die Hilfsorganisation Weißer Ring forderte eine Kampagne der Bundesregierung gegen das Wegsehen. »Das schöne Belobigen mit Preisen für mutiges Auftreten reicht offenbar nicht. Es muss sich mehr in den Köpfen abspielen, damit Menschen bei Gewalt nicht wegsehen«, sagte Helmut K. Rüster der Nachrichtenagentur dpa. »Zivilcourage ist Bürgerpflicht – notfalls muss das auch eingefordert werden«, unterstrich der Sprecher des Vereins, der sich um Kriminalitätsopfer kümmert. Doch der Paragraf im Strafgesetzbuch zu unterlassener Hilfeleistung sei »so gut wie nie im Einsatz«.
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