Mit Männerquote gegen Ärztemangel?
Niedersachsen: Hartmannbund-Funktionär bekommt Gegenwind aus der Politik
Wie lässt sich einem drohenden Ärztemangel begegnen? Diese Frage hatte die »Hannoversche Allgemeine Zeitung« dem Landesvorsitzenden des Hartmannbundes, Bernd Lücke, gestellt, und bekam unter anderem die Antwort: durch eine Männerquote für das Medizinstudium. Der Anteil der Frauen daran liege derzeit bei 80 Prozent. Lückes Erfahrung zufolge wollten viele junge Ärztinnen nur in Teilzeit arbeiten, aber: »Man kann Chirurgie im Krankenhaus nicht als Halbtagsjob machen«, zitiert die Zeitung den Ärztefunktionär.
Der Wunsch nach einer Männerquote im ärztlichen Bereich sorgt nicht nur auf der politischen Ebene für Erstaunen. So weiß die Sprecherin der Frauenbüros in Niedersachsen, Maybritt Hugo: Oft seien es doch gerade junge Frauen, denen nach dem Medizinstudium viele Hürden in den Weg gestellt werden, wenn sie ihren Beruf ausüben wollen. Das gelte besonders hinsichtlich der Weiterentwicklung. Chefärztinnen gebe es nur wenige in Deutschland. Frauen, die das Medizinstudium erfolgreich abschließen, müssen ihren Berufswunsch auch realisieren können, betonte Maybritt Hugo im ND-Gespräch. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, Beruf und Familie vereinbaren zu können. »Teilzeitarbeit heißt doch nicht, dass man mitten in der Operation den Saal verlässt; Teilzeit kann auch tagweise realisiert werden.«
Auch Männer hätten heutzutage berechtigte Teilzeitwünsche, denn auch sie möchten »etwas von der Familie haben«, so die Frauensprecherin. Ehe eine Männerquote verlangt werde, solle über die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte nachgedacht werden, rät Maybritt Hugo. Nicht ohne Grund gingen immer wieder Mediziner nach dem Studium ins Ausland.
»Die Forderung nach einer Männerquote ist absurd«, betont die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag, Kreszentia Flauger. Der Landesvorsitzende des Hartmannbundes solle sich lieber dafür einsetzen, dass die Aufgaben in Haushalt und Familie auf Frau und Mann aufgeteilt werden. Leider weise die Gesellschaft diese Bereiche noch immer vorwiegend den Frauen zu. »Nachdem wir endlich soweit sind, dass ein Medizinstudium für Frauen selbstverständlich ist und sie als hoch qualifizierte Ärztinnen die Universitäten verlassen, überlegt Herr Lücke nur, wie er die Frauen wieder verdrängen kann«, konstatiert Flauger.
Lückes Bemerkung, man könne Chirurgie nicht als Halbtagsjob machen, kommentiert die Abgeordnete: »Ich finde den Gedanken beängstigend, von jemandem operiert zu werden, der an diesem Tag schon acht Stunden oder sogar deutlich länger gearbeitet hat.« Sie hätte weniger Angst bei einer Chirurgin in Teilzeitarbeit. Die von den LINKEN geforderte deutliche Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit würde dazu führen, dass mehr Menschen Arbeit haben, aber weniger Stunden pro Woche arbeiten. »Gerade im Medizinbereich wäre das ein echter Fortschritt.«
Kopfschütteln hat die Forderung nach einer Männerquote auch bei der hochschulpolitischen Sprecherin der Landtags-SPD, Gabriele Andretta, hervorgerufen: Der Hartmannbund-Vorsitzende sehe seine Aufgabe wohl eher darin, patriarchalische Strukturen zu schützen, anstatt die Attraktivität des Arztberufes aufzuzeigen. Der Ärztemangel sei nicht dadurch zu lösen, dass Frauen vom Medizinstudium ausgegrenzt werden.
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