Grüne wollen Krankenhaus-Kooperation
Fraktion stellte gestern Ergebnisse ihrer Klausurtagung im Berliner Abgeordnetenhaus vor
Ausgerechnet die wankelmütigen Grünen werfen dem rot-roten Senat Entscheidungsschwäche vor. Das Problem in Berlin sei, dass der Senat keine Prioritäten setze, sagte Ramona Pop. »Wir haben uns getraut Schwerpunkte zu setzen.« Gemeinsam mit ihrem Kollegen Volker Ratzmann resümierte die Fraktionsvorsitzende gestern in einer Pressekonferenz im Abgeordnetenhaus über die Klausur der Berliner Grünen, die am Freitag stattgefunden hatte.
Besonders wichtig ist den Grünen demnach die Stärkung des Gesundheitsstandorts Berlin. Die Medizin sei ein großer Wirtschaftsfaktor für die Hauptstadt, als solcher aber »sträflich vernachlässigt worden«, so Pop. Sorgen bereitet den Grünen die landeseigene Charité. Als wichtige Wissenschaftsinstitution und essenzieller Teil der Gesundheitsversorgung müsse sie »nach vorne geschoben werden«. Um dies zu erreichen, stünden Strukturentscheidungen an, die der Senat bislang zu treffen versäumt habe. Die Grünen sind für eine Kooperation der bislang konkurrierenden Konzerne Charité und Vivantes. Eine solche Entscheidung müsse von der Politik getroffen werden, nicht von den Trägern. »Aber das diskutiert niemand in dieser Stadt«, sagte Ratzmann. In der Pflicht sieht er hier vor allem das Land, dessen Aufgabe es sei, »die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen«. Eine klare Position haben die Grünen zum sanierungsbedürftigen Benjamin-Franklin-Klinikum. Dieses soll erhalten bleiben.
Unklar hingegen blieb der Standpunkt zur Frage nach der Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe. »Wir sind gegen einen Rückkauf, um des Rückkaufs willen«, sagte Pop. Bevor das Kartellverfahren, in dem die Wasserpreise überprüft werden, nicht abgeschlossen sei, dürfe es keinen Rückkauf geben. Wenn das Bundeskartellamt nämlich den Preis rückwirkend herunter schraubt, würde auch der Preis für die privatisierten Anteile sinken. »Wir zahlen keinen politischen Preis, nur weil Wahlkampf ist«, sagte die Fraktionschefin. Einer Rekommunalisierung stimme man nur zu, wenn eine Senkung der Wasserpreise garantiert wäre. Schließlich hätten die Berliner im Wasser-Volksentscheid auch für eine Preissenkung votiert, betonte Pop.
In Sachen S-Bahn verlangen die Berliner Grünen ein schnelles Handeln vom Senat. Erst Anfang des Monats hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass es eine stillschweigende Verlängerung des Vertrages mit der Deutschen Bahn AG nicht mehr geben dürfe. »Wir fühlen uns in diesem Urteil bestätigt«, sagte die Fraktionsvorsitzende. Nun müsse der Senat Geld in den Aufbau eines eigenen S-Bahn-Fuhrparks investieren: »Das muss jetzt passieren.« Der Betrieb der S-Bahn soll dann bis 2017 stufenweise ausgeschrieben werden.
Weitere Themen der Fraktionsklausur waren Flugrouten und öffentliche Sicherheit.
Auch das Ergebnis der Hamburger Bürgerschaftswahl war Thema. Ausgerechnet den Sieg der SPD sieht Fraktionschef Ratzmann als Chance für die Grünen in der kommenden Abgeordnetenhauswahl. Fazit: »Eine lustlose und in der Regierung verbrauchte Volkspartei ist ablösbar.« Im Gegensatz zu Hamburg verlieren die Grünen in Berlin allerdings an Boden – in Umfragewerten fielen sie zuletzt auf 23 Prozentpunkte zurück.
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