Schmierentheater

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.

Schon am Wahlabend ist der Souverän wieder abgemeldet. Die Deutungshoheit liegt dann in den Parteizentralen, die im Falle eines Erfolgs Langzeitstrahlkraft weissagen und im Reinfall nur einen Ausrutscher sehen. Das war in Hamburg so und wird bei den nächsten Landtagswahlen nicht anders sein.

Gestern war die SPD im kollektiven Freudentaumel. Ihre Botschaft: Super-Auftakt. Was zählt angesichts des nordischen Höhenfluges die Tatsache, dass die Umfragewerte für die Bundes-SPD selbst nach dem Wahlsieg in der sozialdemokratischen Herzkammer in NRW kaum Veränderung erfuhren? Was zählen ihre Agenda-Spuren bis ins Heute, was die Proteste gegen ihre Erfindung der Rente mit 67? Die SPD wähnt sich bundesweit im Aufwind – auch wenn in Sachsen-Anhalt nur Platz drei winkt, in Rheinland-Pfalz Becks Alleinregierung wackelt und in Baden-Württemberg das Knacken der 50-jährigen CDU-Dominanz keineswegs sicher ist. Viel Rückenwind für künftige Urnengänge sehen auch FDP und LINKE nach Hamburg, was ob des fraglichen Neueinzugs oder Beharrungsvermögens im Landtag plus diverser Führungsdebatten nicht von ungefähr kommt, aber längst noch nicht als ausgemacht gelten kann. Und CDU und Grüne, für die der Sonntag desaströs bzw. suboptimal gelaufen ist, weisen bundesweite Rückschlüsse weit von sich. Merkel angeschlagen? I wo! Grüne Bauchlandung nach Ehe mit der CDU? Nicht doch!

Abwehrmechanismen, Umdeutungen, Schmierentheater folgen der Spannung nach der 18-Uhr-Prognose. Kein Wunder, dass fast die Hälfte der Hamburger Wähler davon genug hatte und mit Abwesenheit glänzte.

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