Galerie Pavlov’s Dog

Laser für Arme

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein rot-weißes Palästinensertuch verhüllt das Gesicht des Selbstmordattentäters. Starr blicken die Augen darunter hervor. In der Hand hält er eine Zündvorrichtung. Rote Laserpunkte sind auf seinen Körper gerichtet, es knackt, weißer Rauch steigt auf. An der Wand gegenüber hängt eine Kalaschnikow mit dem Spruch »I love Jews« auf dem Schaft. Mit einer einzigen Installation feiert die Galerie Pavlov’s Dog in der Bergstraße in Mitte ihre Neueröffnung – aber mit was für einer: Im wahrsten Sinne des Wortes knisternd vor Spannung, gleichermaßen provokant und polarisierend, ist Daniel Josefsohns Installation »Lieber Gott Vergiebe Mir« ein Coup für den kleinen Kunstraum, dem damit jede Menge medialer Aufmerksamkeit gewiss war.

Dabei wurde an gleichem Ort auch bisher gute Fotografie gezeigt: Vier Jahre lang, bis Ende 2010, führte die Fotografin Petra Karadimas den »Raum für Fotografie / berg 19«, seit Januar ist die Ein-Zimmer-Galerie in neuen Händen. Gleich sechs Leute teilen sich die Aufgabe, auf wenigen Quadratmetern spannende Ausstellungen zu bewerkstelligen und die neue alte Galerie zu einem Ort der Begegnung zu machen, wo auch Buchpräsentationen, Portfoliosichtungen und Workshops stattfinden sollen.

Dass der Fokus auf zeitgenössischer Fotografie bleibt, dafür garantiert schon die Besetzung – sechs Freunde und Kollegen aus der Fotobranche, darunter der Bildchef des »Zeit«- Magazins, Michael Biedowicz, sowie die »11 Freunde«-Bildredakteurin Pamela Spitz, betreiben die kleine Galerie.

Mit Daniel Josefsohn präsentieren die Neugaleristen einen Fotokünstler, der sich in den 90er Jahren mit Werbung für den Musiksender MTV einen Namen machte; seine in harten Schwarz-Weiß-Kontrasten gehaltenen Porträts von coolen jungen Leuten wie dem »Miststück«-Girlie prägten damals eine neue, ironisch-lässige Ästhetik, die den amerikanischen Grunge-Stil ins Deutsche übersetzte.

In den letzten Jahren fotografierte er für die Magazine von »Zeit« und »Süddeutsche Zeitung«, kombinierte dabei brisante politische Themen mit poppigem Hochglanz-Glamour.

Ein immer wiederkehrendes Thema ist für den gebürtigen Hamburger mit jüdischen Wurzeln der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern wie überhaupt die Widersprüchlichkeit religiös-fundamentalistischer Positionen. Diese werden mit typischem Josefsohn-Humor aufgegriffen, etwa in seinem Parfüm-Projekt »Unifaith – damit wir uns endlich riechen können«, oder auch in der »Lieber Gott Vergiebe Mir«-Installation. Die kann man übrigens auch für zu Hause kaufen: Statt eines klassischen Katalogs gibt Pavlov’s Dog eine Box heraus, die neben DVD und Knallerbsen zwei Poster enthält sowie den Bausatz »Laser für Arme«, womit man die Installation ansatzweise nachbauen kann.

Bis 5. März, geöffnet Do.-Sa. 16-20 Uhr; Pavlov’s Dog, Bergstr. 19, Mitte, Tel.: (030) 53 16 29 78

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -