Kippa kontra Kruzifix

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Im Landtag wird um ein Kruzifix gestritten, das in einem Raum der CDU-Fraktion hängt. Der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens (LINKE) forderte, das Kreuz abzunehmen, wenn wegen Platznot im Parlament der Wissenschaftsausschuss dort tagt und also auch Abgeordnete anderer Parteien unter dem christlichen Symbol sitzen müssen. Schließlich werde in solchen Fällen bei anderen Fraktionen Parteienwerbung umgedreht oder entfernt, argumentierte Jürgens, der selbst jüdischen Glaubens ist.

»Wenn man das Kreuz umdreht, ändert sich ja nicht viel«, mutmaßte gestern SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher. »Ich bin tolerant und mir wäre es eigentlich egal.« Doch ein Kreuz müsse »in einem neutralen Raum nicht unbedingt sein«.

Gegenüber Parteiplakaten in anderen Räumen »ist die CDU auch nicht tolerant«, bedauerte Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser. Sie persönlich fühle sich durch das Kreuz aber nicht gestört.

Jürgens trage die Kippa und grüße mit Shalom, gab FDP-Fraktionschef Andreas Büttner zu bedenken. In den Plenarsaal würden religiöse Symbole allerdings nicht gehören.

»Das Kreuz bleibt dran«, erklärte CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig fundamental entschlossen. Sie unterschied zwischen Parteienwerbung, die man anderen Fraktionen nicht zumuten könne, und diesem »religiösen Symbol«. Das sei »typisch für Linke, hier Scheingefechte zu führen«. Fraktionsgeschäftsführer Ingo Senftleben wies darauf hin, dass die CDU in einem eigentlich gesperrten und einsturzgefährdeten Raum tage. Der Herrgott habe via Kreuz dafür gesorgt, dass das Dach nicht über den Abgeordneten zusammengebrochen sei. Die Fraktion werde das Kreuz auch im neuen Landtag aufhängen. CDU-Vizefraktionschef Michael Schierack erklärte: »Ich würde auch akzeptieren, wenn eine Abgeordnete mit Kopftuch auftritt.« Er sei zu Schulzeiten in der DDR gezwungen worden, ein Kreuz abzunehmen. Dies werde er sich nicht mehr gefallen lassen.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel empfahl, das »Kreuz ein wenig niedriger zu hängen«. Einen Anlass für einen Kulturkampf sehe er nicht. Wenn sich jemand gestört fühle, müsse das Kreuz abgenommen werden. Wenn andere dagegen sind, müsste die Landtagsverwaltung einen neuen Raum besorgen. »Meinetwegen kann Jürgens auch den Davidstern oder den Halbmond dort anbringen, wenn er es will.«

Er selbst habe »spät zum evangelischen Glauben gefunden«, erzählte der Abgeordnete Jürgen Maresch (LINKE). »Das Kreuz bedeutet heute für mich Menschlichkeit und Geborgenheit.« Seine Familie, zu der ein schwerstbehinderter Sohn gehört, habe in schwierigen Zeiten »nur Unterstützung und Hilfe von der Kirche erhalten« und dort Halt gefunden, berichtete Maresch. Er habe israelischen Freunden von dem Kruzifixstreit erzählt. »Sie haben nur mit dem Kopf geschüttelt.«

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