Nachtflugverbot für Warmwasserflüge

In Königs Wusterhausen gab es eine Debatte der LINKEN über die Routen nach Schönefeld

  • Rainer Funke
  • Lesedauer: 3 Min.

Leute, die über den künftigen Großflughafen in Schönefeld entscheiden, sollten mal in der Zitadelle Spandau arbeiten, empörte sich ein Bürger. Dort könnten sie erfahren, unter welchen Bedingungen man jetzt in der Nähe des Flughafens Tegel lebt. Der Bürger ist überzeugt davon, dass alles noch viel schlimmer wird. Tegel soll 2012 mit dem alten Flughafen Schönefeld zum neuen Großflughafen zusammengelegt werden.

Es ging am Montagabend im Saal der Stadtverwaltung Königs Wusterhausen um Flugrouten und Lärmbelastungen. Das parteinahe Kommunalpolitische Forum hatte Mitglieder der LINKEN zum Gespräch eingeladen. Die Landtagsabgeordneten Kornelia Wehlan und Stefan Ludwig wollten Erwartungshaltungen aufnehmen, wie sie sagten, um sie in bevorstehende Debatten im Landtag einzubringen, etwa bei einer Anhörung von Experten am 7. April. Die Zahl der Anwesenden blieb überschaubar. Eine »Vollversammlung« mit Bürgern der größten, vom Flughafen betroffenen märkischen Stadt Königs Wusterhausen soll es nach der Anhörung geben.

Das Übel habe 1996 mit der Entscheidung begonnen, den neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld zu bauen, sagte Wehlan. Alle beteiligten Parteien verloren dabei in gewisser Weise die Unschuld, stehen deswegen jetzt in besonderer Verantwortung. Klar sei, dass man sich keinen falschen Hoffnungen hingeben sollte. Zu beeinflussen sei jetzt nur noch das, was im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart wurde, nämlich den Großflughafen »so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten und effektiven aktiven und passiven Lärmschutz zu gewährleisten«.

Das dürfte nicht leicht werden. Der endgültige Verlauf der Flugrouten ist noch immer nicht bekannt. Ständig neu in die Debatte geworfene amtliche Versionen stiften viel Verwirrung. Als erschwerend erweisen sich unterschiedliche Positionen innerhalb der Parteien, so Stefan Ludwig. Auch in der LINKEN gebe es Differenzen, hier vor allem zwischen Funktionsträgern aus Brandenburg und Berlin.

Wie auch immer, man müsse mit dem Flughafen leben, hieß es aus dem Publikum. Aber es komme darauf an, ob 35 000 oder 200 000 Anwohner betroffen sind. Die Bürgerinitiativen wären gut beraten, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen, etwa nach dem Motto: Flieger weg von uns und hin über die Köpfe der anderen. Flugbetrieb über möglichst wenigen Köpfen, das sei die einzig akzeptable Lösung. Die Entlastung des einen Ortes ist immer die Belastung eines anderen, bestätigte jemand. Fluglärm lasse sich nicht teilen.

Dadurch, dass man sich jahrelang mit dem Thema Flughafen beschäftigen musste, wuchs unter den Bürgern ein umfängliches Spezialwissen, was auf dergleichen Veranstaltungen zu regelrechten Fachdebatten führt. Die meisten Vorschläge zielen auf ein Nachtflugverbot und einen strengen Lärmschutz. Sogenannte Warmwasserflüge etwa müssten keineswegs sein. Damit ist gemeint, dass nach Analysen nächtliche Starts und Landungen überwiegend dem Wollen geschuldet sind, bei Flügen in südliche Regionen Urlaubszeit zu gewinnen.

Andere plädieren für ein Funktionssplitting. Demnach würden in Schönefeld Passagiere und Gepäck abgefertigt, während man in Sperenberg startet und landet, wo fast niemand belästigt würde. Mit einer schnellen Magnetbahn an Schönefeld angebunden, dürfte man binnen zehn Minuten dort sein.

Man könnte auch in Sperenberg die dritte und vierte Start- und Landebahn bauen, so ein anderer, was die Belastung in Schönefeld mindern könnte. Fragen danach, an welchem Abschnitt der Flugrouten eigentlich Kerosin abgelassen wird und ab welchen Höhen der Lärm nachlässt, konnten nicht beantwortet werden. Noch gar nicht beredet sei, dass rings um Schönefeld ein Wirtschaftszentrum mit viel Lärmpotenzial entstehe, das in bisherige Berechnungen gar nicht einbezogen werde, auch nicht die Lärmbelastung durch Autobahn und Schiene.

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