Seifiger Schlagabtausch

Die Polit-Soap »Kuba Beach« in der Volksbühne bleibt trotz guter Darsteller matt und ohne Biss

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 4 Min.

Nicht nur der Fall ist verworren, auch die Inszenierung, in der Carolin Mylord ihn auf der Hinterbühne ausbreitet. Zweieinhalb Stunden ohne Pause währt das zähe Opus, bei dem die Zuschauer auf dem Drehteil der Szene sitzen, von Station zu Station der Handlung fahren. »Kuba Beach 2013 – Auch Reiche müssen weinen« nennt die Volksbühne ihr von Mylord auch erdachtes Spektakel, und klassifiziert es wohlweislich als Polit-Soap.

Glitschig wird die Bühne durch Verschütten diverser Materialien von Kaffee bis Drogenpuder, seifenartig zieht sich auch das Geschehen in die Länge. Dabei klärt schon bei Einlass ein Film die Fronten. Ein Privatflugzeug von Havanna ist beim Anflug auf Miami explodiert und hinterlässt zwei Leichen: die des Bauunternehmers Paul Leland Loyd und der Studentin Angela Fernandez, Kubanerin mit amerikanischem Pass. In welchem Verhältnis stehen sie, ist die Maschine Opfer eines Attentats? Bei den gespannten Beziehungen zwischen USA und Inselrepublik durchaus denkbar. Staatsanwältin Betty Briggs will das schnell und effizient geklärt wissen. Dazu erhält sie Special Agent Chat Desmond, eine Berühmtheit vom FBI mit Menjou-Bärtchen und geöltem Haar, an die Seite, schmeichelt ihm gebührend.

Live fallen Koffer zu Boden, eine weitere Maschine aus Havanna landet, mit den beiden Leichen an Bord. In ihr sitzt auch der kubanische Drogendezernent Javier Rodríguez, eigentlich auf Hochzeitsreise. Doch seine Frau erwartet ihn nicht: Sie wurde entführt von einem Exilkubaner, der über Rodríguez seinen auf Kuba inhaftierten Bruder freipressen möchte. Ein abgetrennter Fuß erhöht den Aufklärungsdruck. So wollen Desmond und Briggs zum Verhör nach Havanna – ohne Fahndungserlaubnis, weil Rodríguez von kubanischer Seite den Fall lösen soll. Das aber schreckt im Dienst der Wahrheit ihres Landes stehende Amis nicht. Camilla, Loyds elegant kokottenhafte Tochter, jedenfalls wettert gegen ihren primitiven Staat. So verwickeln sich die Stränge des Geschehens.

Rodríguez wird angeschossen, man liest ihm aus der bestellten Milch sein Schicksal: Che Guevaras Tod hätte er so gern endgültig aufgeklärt. Im Krankenhaus springt er somnambul vom Bett, will einen Durchsuchungsbefehl für Angelas Haus in Havanna, wird im Raucherkarree inmitten Hustender von Desmond und Sheriff Stanley bedrängt. Der Streit von Rodríguez und Desmond gerät zum kaffeespritzenden Schlagabtausch zwischen verfeindeten Nationen. Desmond hat bereits fernbildlich Irene vom Schnellimbiss in Havanna nach Angela befragt, bei der Drogen im Spiel waren. Irene und Desmond kennen sich offenbar aus amourösen Zeiten. Im Damenklo des Krankenhauses trifft unterdessen Rodríguez seine Frau Maria, die sich unter Drogen von einem dunklen Dämon gejagt fühlt. Maria flieht zu einer Freundin nach Havanna und teilt mit ihr den Werwolf-Grusel, der für die Freiheitsgelüste der Kubaner stehen könnte. So dreht sich das Karussell weiter.

Die US-amerikanischen Rächer suchen die Baustelle im Stadtteil Vedado auf, wo Loyd sanieren sollte und eben gesprengt wird. Ein Täter muss her, und als der bietet sich Gonzalez an. Der ist gerade entlassen, wohl der Schütze auf Rodríguez, Bruder von Irene und Camillas Ehemann, dem man zudem vorwirft, über die Gattin nur nach Miami gewollt zu haben. In Loyds Kolonialvilla verhören ihn Desmond und der Sheriff in brutaler US-Manier, obgleich Rodríguez das Mandat hat.

Welche fatalen persönlichen Verquickungen der Figuren sich dabei herausstellen, wie sehr Desmond nach langer Karriere einen weiteren Erfolg erzwingen muss, der beflissene Sheriff ihm dabei eher hinderlich ist, die Staatsanwältin aus Gerechtigkeitssinn sich mit Rodríguez gegen ihn verbündet, macht den Rest des Abends aus. Da fädelt Desmond eine fiese Intrige ein, um über Maria ihren Ehemann zur Strecke zu bringen, und vom eigenen Sprengstoffschmuggel abzulenken. Fast alle sterben, nur der Mord an Angela, der Weltverbesserin, bleibt unaufgeklärt.

Spanisch gesungen, kubanisch getanzt wird ausgiebig, Havanna-Videos kolorieren, soap-mäßig überzogen wird ohne amüsanten Zugewinn, und schuldig ist schließlich jeder auf seine Weise. Nur jene bösen Dämonen bleiben als Tagtraum oder Schicksalslast. Müssen wir das alles wissen, fragt sich Mylord selbst im Programmheft. Eigentlich nicht.

Wieder 25.2., 6., 11., 18.3., Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte, Tel.: (030)-24 06 57 77

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