Kanzlerin entschied sich für Kabinettsrochade
Thomas de Maizière wechselt ins Verteidigungs-, Hans-Peter Friedrich bekommt das Innenressort
Berlin (ND). Kanzlerin Angela Merkel teilte gestern Nachmittag mit, dass der neue Verteidigungsminister und der neue Bundesinnenminister am heutigen Donnerstag von Bundespräsident Christian Wulff ernannt werden sollen.
Wenn es bei der notwendig gewordenen Regierungsumbildung überhaupt einen Gewinner gibt, so heißt der CSU. Für die Partei ist die Innen- und Sicherheitspolitik seit jeher ein Kernthema und der Wechsel der Ressorts dürfte ihr angesichts der zahlreichen offenen Fragen bei der Bundeswehrreform sogar gelegen kommen. Schon weil es zahlreiche Standortschließungen vor allem in Bayern geben wird, die mit weit reichenden Problemen verbunden sind. Die CSU hatte – nachdem Guttenberg über die Plagiats-Affäre um seine Doktorarbeit gestürzt war – das Vorschlagsrecht für das Verteidigungsministerium. Doch offenbar fiel es der Bayernpartei schwer, einen geeigneten Kandidaten zu benennen. Zum Schluss bedankte sich Parteichef Horst Seehofer bei Kanzlerin Angela Merkel dafür, dass sie die Kabinettsrochade möglich gemacht habe. Somit ist die verabredete Machtbalance im Merkel-Kabinett und zwischen den beiden C-Parteien gewahrt.
Merkel braucht für die Bundeswehrreform einen klugen und kühlen Manager, um die von Guttenberg gegebenen Versprechen weitestmöglich einzulösen. Die offenen Fragen der Finanzierung, so sagte Merkel gestern, würden in den nächsten Wochen geklärt. Das Verteidigungsressort sollte ursprünglich in seinem Etat 8,3 Milliarden Euro bis 2014 sparen. Nach Protesten hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Frist bis zum Jahr 2015 verlängert. Diese Entscheidung ist in der Koalition umstritten.
Der Chef des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, jedenfalls freut sich, dass dieses »schwierige Amt« des Verteidigungsministers von einem »echten politischen Schwergewicht« übernommen wird.
Doch auch im Innenressort sind Reformen aufgelegt. Thomas de Maizière wollte beispielsweise das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei verschmelzen. Eigentlich sollte sich nun Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) um die Fortführung kümmern, doch Herrmann sagte »aus familiären Gründen« ab. So ist Hans-Peter Friedrich zweite Wahl, und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) machte ihm umgehend ihre Forderungen klar. Sie erwartet vom zukünftigen Ressortchef, alle Fusionsbemühungen zu beenden und »sich stärker den Sorgen und Nöten der Polizeibeschäftigten« zuzuwenden.
CSU-Chef Seehofer bedauerte, dass Guttenberg alle politischen Ämter und Mandate niederlegen will. Er vertröstete seine Partei auf neue Entscheidungen »zu gegebener Zeit«. Zunächst müsse man aber Guttenberg und dessen Familie »ein Stück Rückzug und Erholung gönnen«, fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu.
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