Weniger Tempo nach Hannover

Bahn saniert ab April die ICE-Strecke / Kabelklau: 350 000 Euro Schaden

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei der Bahn ist immer Bausaison. Besonders deutlich ist das am Ostkreuz zu spüren, wo der Bahnhofsbau sichtbar voranschreitet. »Ostkreuz 21« nennt ihn Ingulf Leuschel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn (DB) für Berlin, in Anspielung an ein anderes DB-Großprojekt. »Doch im Gegensatz zu diesem wird hier gebaut.«

Was Fahrgäste allerdings auf eine große Geduldsprobe stellt, erst 2016 soll alles fertig sein. In diesem Jahr bedeutet das unter anderem noch etwa 20 Wochenend-Sperrungen zwischen Ostkreuz und Schönhauser Allee, Fahrgäste müssen dann auf Ersatzbusse umsteigen. Die Einschränkungen stehen auch in Zusammenhang mit dem Bau eines neuen elektronischen Stellwerks an der Frankfurter Allee. Am kommenden Wochenende gibt es auch Pendel- und Ersatzverkehr auf der S 9 zwischen Grünau und Schönefeld, auf dem Südring wird am 13. und 14. März gependelt.

Insgesamt investiert die Bahn in Berlin und Brandenburg in diesem Jahr 465 Millionen Euro ins Schienennetz und 105 Millionen Euro in die Stationen. Als größtes Projekt startet am 11. April die Erneuerung der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Berlin und Hannover, was fünf Monate dauern soll. Nach zwölf Jahren Betrieb mit Tempo 250 müssten nun die Gleise erneuert werden, so Leuschel. Während an einem Gleis gearbeitet wird, fahren auf dem anderen die ICE- und IC-Züge – allerdings mit vermindertem Tempo. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit auf diesem Abschnitt um rund 30 Minuten, bis ins Ruhrgebiet und nach Köln können weitere zehn Minuten hinzu kommen. Ähnliche Fahrtzeitverlängerungen gibt es auf der ICE-Strecke über Braunschweig nach München sowie der IC-Verbindung über Hannover nach Amsterdam. Der ICE-Sprinter Berlin-Frankfurt (Main) wird vom 20. Juni bis 27. August durch Züge ersetzt, die an mehreren Bahnhöfen auf dieser Strecke stoppen. An Frei- und Sonntagen soll es Entlastungszüge geben, die über Magdeburg fahren.

Täglich nutzen diesen Abschnitt etwa 18 000 Fahrgäste. Als Trost verspricht die Bahn »kleine Leckereien« und kostenlose Tageszeitungen. Inhaber einer Zeitkarte erhalten einen anteiligen Betrag erstattet. Alternative zur »Bündelung« der Arbeiten über fünf Monate wäre die Erneuerung nur an den Wochenenden, aber dann würde es Jahre dauern, meinte Leuschel. »Da war uns ein Ende mit Schrecken lieber«, sagt Leuschel.

Ziemlich schreckliche Dinge musste die Bahn auf ihrer Baustelle zwischen Königs Wusterhausen und Lübbenau erleben. Ursprünglich sollten hier die Züge ab 1. Mai wieder fahren, doch nun kann die Strecke wohl erst am 12. Juni freigegeben werden. Denn an 57 Stellen haben dreiste Diebe die Kupferkabel geklaut. Signalleitungen wurden aus dem Boden gezogen und bereits montierter Fahrdraht abmontiert. »Die haben sich bei Dunkelheit herangemacht, das Material dann im Wald vergraben und später abtransportiert«, so Katharina Klemt-Albert von der DB ProjektBau GmbH. Das sei organisierte Kriminalität.

Den Schaden schätzt Klemt-Albert auf 350 000 Euro, aber das ganze Ausmaß sei noch nicht klar. Messtrupps seien unterwegs, um die Fehlstellen zu ermitteln. Jetzt wird der Streckenabschnitt überwacht, aber komplett sei das auf den 60 Kilometern kaum möglich. Die Sanierung der Strecke nach Cottbus kostet 130 Millionen Euro, bezahlt aus dem Konjunkturpaket des Bundes. Künftig sollen die Züge hier mit Tempo 160 statt 120 unterwegs sein.

Ende des Jahres beginnt die Sanierung der Regionalbahngleise zwischen Charlottenburg und Wannsee, die dann komplett gesperrt sind. Reisende sollen möglichst auf die S-Bahn umsteigen, die dann alle zehn Minuten und mit jeweils acht Wagen nach Potsdam fahren wird. Einige Regionalzüge werden über Spandau und Golm auf die Stadtbahn umgeleitet.

Auch das Aufzugsprogramm der Bahn wird fortgesetzt: Auf den Bahnhöfen Schönholz, Wuhlheide, Grunewald, Wannsee Humboldthain und Biesdorf gehen die Anlagen in Betrieb.

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