Clara Zetkins kurzer Auftritt
Zum Frauentag: Grüne forderten Straßennamen zurück / ver.di beklagte Kinderfeindlichkeit
Clara Zetkin ist wieder im Regierungsviertel präsent. Für eine Viertelstunde schmückt ihr Name den Blick auf den Reichstag. Dann wird das Schild mit der Aufschrift »Clara-Zetkin-Straße« abgehängt und die brandenburgische Kurfürstin Dorothea hat ihren Platz zurück. Die Umbenennung der »Dorotheenstraße« in Berlin-Mitte fand am Dienstag nur kurzzeitig statt – als symbolische Aktion der Grünen anlässlich des 100. Internationalen Frauentags. Als dessen Erfinderin Clara Zetkin gilt.
Die Abgeordneten Lisa Paus und Anja Kofbinger wollten damit Zetkins »Lebensleistung als Frauenrechtlerin im Zentrum der Hauptstadt wieder würdigen«. Die Straße, die auf den Reichstag zuführt, war von 1951 bis 1995 nach ihr benannt. Im Zuge der Straßenumbenennungen nach der Wende erhielt sie jedoch den früheren Namen »Dorotheenstraße« zurück, der politisch weniger umstritten war. Das hatte der damalige CDU-Verkehrssenator Herwig Haase trotz Protesten und gegen den Willen des Bezirks durchgesetzt. Kofbinger vermutet, Bundeskanzler Helmut Kohl habe nicht gewollt, dass die Bundestagsanschrift den Namen einer bekannten Sozialistin, Kommunistin und Feministin trug.
Die Idee, die Debatte um eine Rückbenennung in »Clara-Zetkin-Straße« zu entfachen, kam den Grünen ausgerechnet durch einen CDU-Abgeordneten. Philipp Mißfelder habe am Frauentag im letzten Jahr eine Rede im Bundestag gehalten, in der er Clara Zetkin ausdrücklich würdigte. Sie sahen es als Zeichen, dass es an der Zeit sei, Zetkin in ihrer gesamtgeschichtlichen Bedeutung zu sehen und für ihre Frauenpolitik zu ehren. Das erzählt Lisa Paus, bevor sie auf die Leiter steigt, um das offizielle Straßenschild für einen Moment zu verhängen. Auch Mißfelder habe man eingeladen. Reagiert hat er nicht. Der Grüne Jörn Jaath von der »Unterarbeitsgruppe Straßennamen« der Bezirksverordnetenversammlung Mitte begrüßt die Aktion. Doch er bezweifelt, dass die Rückbenennung eine Mehrheit finden würde.
Nur ein Stück entfernt, am Brandenburger Tor, lebt Zetkins Geist auf andere Weise fort. Die Handelsfrauen von ver.di begehen den Frauentag, indem sie Rosen verteilen und Flugblätter, auf denen sie die Kinderfeindlichkeit der Branche beklagen. 70 Prozent der Arbeiter im Handel seien Frauen. Lange Öffnungs- und flexible Arbeitszeiten machten es fast unmöglich, Familie und Beruf zu vereinbaren, so der Vorwurf. Gerade Alleinerziehende würden oft aus dem Beruf gedrängt. »Vor und während der Schwangerschaft sind Mütter arbeitsrechtlich gut geschützt. Doch danach nicht mehr«, benannte eine der rund 20 anwesenden Gewerkschafterinnen das Problem.
Die Frauen forderten die Politik auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, um berufstätige Mütter – und Väter – zu unterstützen. Dazu gehöre es, die »Ausuferung der Öffnungszeiten zu begrenzen«, feste Arbeitszeiten einforderbar zu machen und eine gute Bezahlung zu gewährleisten, sagte Erika Ritter, Fachbereichsleiterin Handel Berlin-Brandenburg. »Unternehmen sollten sich das Potenzial von gut ausgebildeten Frauen nicht durch Ausgrenzung entgehen lassen.«
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