Proteste gegen Fusion
Warnstreiks bei der Deutschen Börse AG angedroht
Bei einer einstündigen Kundgebung in der Mittagspause unterstrichen Betriebsräte und Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Forderung nach einer umfassenden Absicherung der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse im Konzern. Ihre Redebeiträge machten deutlich, dass der geplante Zusammenschluss zwischen der Deutschen Börse AG und dem transatlantischen Börsenbetreiber NYSE Euronext bei den Beschäftigten Existenzängste genährt hat. So fürchten etwa ältere, erfahrene Angestellte im IT-Bereich, dass sie ab 2013 durch jüngere und deutlich schlechter entlohnte Fachkräfte am Standort Prag ersetzt werden könnten.
Ihre Sorge gründet sich vor allem auch auf die Tatsache, dass die Konzernleitung bisher nicht auf die Forderung von Betriebsrat und Gewerkschaft nach einer Beschäftigungssicherung durch Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen eingegangen ist. Während der Konzernvorstand seine Arbeitsplätze im Fusionsvertrag abgesichert habe, sei eine Absicherung der bestehenden Arbeitsplätze weder erkennbar noch gewollt, bemängelte der Frankfurter ver.di-Sekretär Herbert Bayer. Angestrebte »Kostensynergien« bedeuteten Arbeitsplatzabbau. Eine Beschäftigungsgarantie dürfe aber »nicht nur für die Vorstände gelten, sondern für alle Mitarbeiter«. Nun zeige der Vorstand sein wahres Gesicht und wolle es offenbar auf einen offen Tarifkonflikt ankommen lassen, erklärte der Gewerkschafter und schloss für die nächsten Wochen Warnstreiks zur Erhöhung des Drucks nicht aus: »Wir müssen eine Schippe drauflegen, sonst wird sich der Arbeitgeber nicht bewegen.«
»Wir hatten ihnen den kleinen Finger gereicht«, erinnerte Betriebsratsvorsitzende Irmtraud Busch an die Zugeständnisse gegenüber der Arbeitgeberseite in Form von Nullmonaten in zurückliegenden Einkommensrunden: »Jetzt wollen sie uns den ganzen Arm ausreißen.« Qualifizierte Mitarbeiter hätten Anspruch auf einen qualifizierten Tarifabschluss, der die Realeinkommen sichere. Inzwischen seien die Beschäftigten jedoch aus der Sicht von Aktionären und Managern »nicht mehr das höchste Gut, sondern nur noch ein Kostenfaktor«. Würden jetzt erfahrene Ältere aus dem Betrieb verdrängt, dann verliere das Unternehmen jede Menge Know-how und sinke die Qualität der angebotenen Leistungen deutlich.
Der Unmut vieler älterer Beschäftigter über die Folgen der geplanten Fusion kam auch auf selbst angefertigten Transparenten und Pappschildern zum Ausdruck. »Hier wirst Du verraten und verkauft« lautete eine Parole. Eine andere war noch kürzer: »Wir schaffen uns selbst ab«.
Die Deutsche Börse AG befand sich jahrzehntelang überwiegend im Besitz deutscher Großbanken. Weil seit dem Börsengang um die Jahrtausendwende ihre Aktien zunehmend in die Hände anglo-amerikanischer Investoren gelangt sind, die heute etwa zwei Drittel der Anteile hielten, befürchten die Gewerkschafter und Beschäftigten im Rhein-Main-Gebiet nach einer vollendeten Fusion ein zunehmendes Auslaufen der vorhandenen Standorte in Eschborn und Frankfurt.
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