NATO und EU basteln an Libyen-Plänen
Debatte um Flugverbotszone verstärkt / Einsatz von Schiffen könnte UNO-Zustimmung umgehen
Tripolis/Washington (Agenturen/ ND). Nach Angaben des Weißen Hauses waren sich Obama und Cameron einig, Pläne für das »gesamte Spektrum möglicher Antworten« voranzutreiben, auch bei der NATO. Mögliche Maßnahmen seien neben Überwachung und humanitärer Hilfe auch ein Waffenembargo sowie eine Flugverbotszone, hieß es zu dem Telefonat der beiden Politiker. Cameron sagte anschließend der BBC, Gaddafi tue seinem Volk »furchtbare Dinge« an. »Wir können nicht einfach danebenstehen und das zulassen.«
Eine Flugverbotszone wird von mehreren Seiten gefordert. Neben Aufständischen in Libyen und Vertretern der arabischen Welt sprachen sich auch EU-Abgeordnete dafür aus. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte indes, eine solche Entscheidung müsse von der UNO getroffen werden »und nicht von den USA«.
Berlin dringt auf »härtere Sanktionen« der EU gegen die Führung um Gaddafi. In einem Diskussionspapier wird unter anderem gefordert, Gaddafi die Immunität zu entziehen. Über das Papier des Auswärtigen Amtes soll beim Treffen der EU-Außenminister am Donnerstag und beim EU-Gipfel am Freitag diskutiert werden.
Die USA und ihre europäischen Verbündeten erwägen nach einem Zeitungsbericht auch den Einsatz von Schiffen, um Hilfsgüter nach Libyen zu bringen und das Waffenembargo zu kontrollieren. Die Überlegung sei Teil einer ganzen Reihe möglicher Optionen, die Militärplaner der USA und anderer NATO-Staaten inzwischen ausgearbeitet hätten, berichtete die »Washington Post« am Mittwoch. Ein solcher Einsatz von Schiffen benötige keine Resolution der Vereinten Nationen als Grundlage. Ob es sich dabei um Kriegsschiffe handeln soll, wurde nicht gesagt. NATO-Beamte hätten in der Nacht zum Mittwoch damit begonnen, ihre Regierungen über mögliche Vorgehensweisen zu unterrichten, meldete die Zeitung weiter. Sie sollen an diesem Donnerstag beim Treffen der Verteidigungsminister des Paktes vorgelegt werden. Eines der Szenarien sehe vor, eine Luft- oder Seebrücke oder beides gleichzeitig einzurichten, um Hilfsgüter in die Rebellenhochburg Bengasi zu bringen oder auch andere Schiffe dorthin zu eskortieren. Seepatrouillen vor der libyschen Küste könnten zudem sicherstellen, dass keine Waffenlieferungen die Truppen von Gaddafi erreichten.
Gaddafi warf dem Westen ein Komplott vor. In einer TV-Rede sagte er, die »Kolonialmächte« wollten Libyens Rohölvorkommen kontrollieren und das libysche Volk »erniedrigen und zu Sklaven machen«. In einem Telefonat mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou warnte Gaddafi vor einer Intervention in Libyen. Jede Einmischung werde Konsequenzen für Sicherheit und Stabilität im Mittelmeer haben, zitierten ihn griechische Medien am Mittwoch. Papandreou sagte demnach, das Problem in Libyen müsse schnell gelöst werden, damit es nicht zu einem Bürgerkrieg und einer Katastrophe für die Menschen dort kommt.
Die EU kommt Forderungen Gaddafis nach Entsendung eines Untersuchungsteams vorerst nicht nach. In den Diskussionen zwischen den Mitgliedsstaaten sei das derzeit kein Thema, sagte ein EU-Vertreter in Brüssel. »Es besteht ein großes Risiko, dass man nicht in der Lage sein wird, den Job zu machen, den man machen möchte.« Es sei in der jetzigen Situation in Tripolis sehr schwierig, unabhängig zu bleiben. Das Gaddafi-Regime hatte zuvor in Gesprächen mit einem EU-Vertreter in Tripolis eine Untersuchung der Vereinten Nationen und der Europäischen Union gefordert und dafür Unterstützung zugesichert. Seite 7
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