Stachlige Füchse, geschwänzte Igel
Preis der Leipziger Buchmesse an Clemens J. Setz, Henning Ritter und Barbara Conrad verliehen
Die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse ist seit sechs Jahren ein ritueller Höhepunkt des ersten Messetags. Das Rauschen in der großen Glashalle verebbt wellenweise, je weiter der Stundenzeiger auf die vier zugeht. Auf der Videowand läuft ein Countdown. Eine Männerstimme mahnt zur Sammlung: noch zehn, fünf, zwei Minuten, noch dreißig Sekunden – bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Bis man erfährt, wem nun in diesem Jahr die Ehren der Jury zuteil werden – Clemens J. Setz für seinen Erzählband »Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes«, dem Feuilletonisten Henning Ritter für seine »Notizhefte« und Barbara Conrad für ihre Neuübersetzung von Tolstois »Krieg und Frieden« – dauert es noch. Vor dem Sekt kommen die Reden. Verena Auffermann, Chefin der Jury, sprach über die Rolle der Literatur im Zeitalter der Information. Was sie zu sagen hatte, mündete zum Schluss in ein Bild: »Der Fuchs weiß viele Dinge, der Igel eine große Sache.«
Wer der Rede gefolgt war, konnte nun meinen, die Jury hätte sich auf die Seite jenes Igels geschlagen, der das Große höher wertet als das Viele. Isaiah Berlin, den Auffermann hier zitierte, vollzieht diese Wertung in seinem Essay »Der Igel und der Fuchs« aber gar nicht. Für ihn ist der Satz eine Metapher über das Wesen des Erzählers Tolstoi, der sich nach systematischer Welterke...
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