Nur raus aus dem Asylheim

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 2 Min.

In Elbe-Elster und Oberhavel demonstrieren Asylbewerber am Dienstag für bessere Lebensbedingungen. In Elbe-Elster fordern sie die Schließung des Asylbewerberheimes Hohenleipisch. Die Unterkunft liegt in einem alten Militärobjekt zwischen Ruinen aus Wehrmachtszeiten. Wenn die Bewohner einkaufen wollen, müssen sie erst lange durch den Wald laufen und dann mit der Bahn fünf Kilometer nach Elsterwerda fahren. Zur Ausländerbehörde in Herzberg beträgt die Strecke 42 Kilometer. Manche Flüchtlinge müssen dort wöchentlich hin, um ihre Duldung zu verlängern – und die Fahrkosten selbst tragen.

In Hennigsdorf wollen die Flüchtlinge aus dem überfüllten Heim in Wohnungen umziehen. »Es gibt keine Hausaufgabenräume für Kinder«, rügt Beate Selders vom Flüchtlingsrat Brandenburg. »Wir wollen aber auch erreichen, dass der Landkreis den Flüchtlingen ihre Sozialhilfe bar auszahlt und nicht in Form von Gutscheinen, die man nur in wenigen Läden einlösen kann.« Oberhavel ist einer von noch acht märkischen Kreisen, die Gutscheine ausgeben.

Die Proteste sind Teil eines ersten bundesweiten Protesttags gegen diskriminierende Gesetze für Flüchtlinge. In Brandenburg hat Rot-Rot immerhin letztes Jahr wie versprochen die Residenzpflicht gelockert. Die Vorhaben, Sozialhilfe in bar auszuzahlen und Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen, stehen aber aus. Lediglich die Prignitz hat inzwischen das Asylheim geschlossen und allen Bewohnern eine Wohnung vermittelt. »Die Flüchtlinge, die zuvor weit abgelegen in einem verlassenen Militärobjekt gewohnt hatten, freuen sich, dass sie jetzt in der Stadt wohnen«, sagt Korina Baade-Dams vom Sozialamt. »Und der Landkreis spart die Kosten für den Schulbus. Die Asylbewerberkinder kommen zu Fuß in die Schule.«

In allen anderen Landkreisen wohnen laut Statistik zwischen 60 und 70 Prozent der Flüchtlinge in Wohnheimen. Sozialminister Günter Baaske (SPD) liegt eine Änderung persönlich sehr am Herzen. Die Entscheidung liege aber bei den Landkreisen, und die Landesregierung könne sie nicht zwingen. Baaskes Sprecher Gabriel Hesse sagt: »Als Argumente dagegen geben die Landkreise und kreisfreien Städte fehlenden Wohnraum und höhere Kosten an.«

Die Landtagsabgeordnete Bettina Fortunato (LINKE) will jetzt prüfen, ob die Kosten tatsächlich höher sind. Sie möchte sich außerdem dafür einsetzen, dass in die Vorgaben für Asylheime aufgenommen wird, »dass es keine Heime außerhalb von Ortschaften geben soll«.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -