Ölmalerei und Umweltverbrechen

Das Digital Art Museum zeigt Werke der Gruppe Ubermorgen.com

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.
Installation »Woppow«
Installation »Woppow«

Der Einfall ist brillant. Die digitalen Konzeptkünstler der Gruppe Ubermorgen.com nahmen das von der havarierten Erdölplattform »Deep Horizon« in den Golf von Mexiko geflossene Öl zum Anlass für ein Revival der Ölmalerei. Wenn Öl sich auf dem Wasser zu neuen bildnerischen Kompositionen findet, dann kann es dies auch wieder auf der Leinwand tun, lautet der Grundgedanke. »Die erhabenste Disziplin der bildenden Kunst hat sich zu generativer Bio-Art entwickelt, ein dynamischer Prozess, den die Weltöffentlichkeit live über Massenmedien mit ansehen kann«, konstatieren die Künstler.

Um diesen Prozess der katastrophischen Wiederaufladung einer gern als antiquiert bezeichneten Kunstform zu kommentieren, haben sie Luftbildaufnahmen der Katastrophe zunächst in Großformat auf Leinwand drucken lassen und nach diesem Vorbild schließlich Ölmalereien produziert.

Ein Ölbild und ein Öldruck hängen sich nun im Digital Art Museum (DAM) in der Tucholskystraße gegenüber. Man kann darauf die Wogen des Meeres erkennen und eine von Menschenhand gemachte technische Apparatur, die von Lichtern, die Flammen sein können, umtanzt wird. Der suchende Blick des Betrachters mag in den dunkleren Schattierungen des Wassers auch Ölschlieren identifizieren. Dazu animiert wird allerdings nur, wer sich des Kontexts bewusst ist. Etwas spartanisch wirkt diese Umsetzung der Ölidee dann doch. Aber man gibt sich zufrieden damit, dass ja eben alles Öl ist, das Abbild des Meeres und auch die Abbildung der Ölspuren.

Visuell deutlich reizvoller ist die Rauminstallation »Woppow«, in der die Künstler recht konsequent aggressive Werbestrategien von Modefirmen wie Benedetton fortsetzen. An die Wand gehängte bunte Freizeitkleidung ist von Kugeln durchsiebt. Der Thrill von Gewalt und Zerstörung hat materielle Spuren auf der Bekleidung und selbstverständlich auch auf deren Trägern hinterlassen. Schwarze Silhouetten von bewaffneten Personen, die ebenfalls an der weißen Galeriewand befestigt sind, verstärken noch das Gefühl der Bedrohung. Als »Mode im Zeitalter des Raubtierkapitalismus und der globalen Aggression« klassifizieren die Künstler von Ubermorgen.com diese Mode und ihre Präsentation.

»Woppow« ist Teil einer Werkgruppe, die Ubermorgen.com um einen fiktiven Modegestalter kreiert hat, der angeblich von somalischen Piraten beeindruckt ist und deren Rohheit und Gewalt, aber auch die Weite des Meeres und das Licht der Sonne in seine Produkte einfließen lässt. Zum Werkkomplex gehören Objekte und Filme.

Ubermorgen.com wurde mit einigen sehr spektakulären Internetprojekten bekannt. »Google Will Eat Itself« etwa stellte den Versuch dar, mit den Erlösen von Werbebannern, die Google auf bestimmten Websites installiert, selbst Anteile von Google zu erwerben. In »Voteauction« wurde US-Bürgern die Möglichkeit offeriert, ihre Wahlstimme an den meistbietenden Kandidaten zu verkaufen. Ubermorgen.com kritisierte damit die Praxis von Lobbygruppen, die Kandidaten ganze Pakete von Wählerstimmen zusichern. Während diese Praxis bislang nicht strafrechtlich verfolgt wurde, hatte die Künstlergruppe mit Prozessen zu kämpfen.

Die Ausstellung im DAM bietet nur einen kleinen Einblick in das mit Subversion angefüllte Universum dieser Gruppe mit dem Zukunft erheischenden, aber auch über sie hinausgreifenden Namen.

DAM, Tucholskystr. 37, bis 23.3., Di.-Fr. 12 bis 18, Sa. 12 bis 16 Uhr

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