AWACS-weiche Bundesregierung

Zusätzliche Soldaten für Afghanistan sollen westliches Bündnis in Libyen entlasten

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung hat am Mittwoch beschlossen, Besatzungen für AWACS-Flugzeuge über Afghanistan einzusetzen, um die NATO-Verbündeten bei ihrem Kriegseinsatz in Libyen zu entlasten. Gleichzeitig wurden Schiffe vor der libyschen Küste aus dem NATO-Verband abgezogen. Heftiger Streit im Bundestag war die umgehende Folge.
AWACS-weiche Bundesregierung

Im Schatten des Kompetenzenstreits in der NATO zum Bombardement Libyens sucht die Bundesregierung eilig nach einem eigenen Ausweg. Zwar hält sie sich, was die Bombardierungen angeht, heraus. Am Mittwoch wurden darüber hinaus die Schiffe der Bundeswehr aus den NATO-Verbänden im Mittelmeer abgezogen und unter deutsches Kommando gestellt. Zugleich will die Bundesregierung keinen Zweifel an der Bündnistreue Deutschlands aufkommen lassen. Und während der NATO-Rat auch am Mittwoch noch keine klare Entscheidung über Zuständigkeiten und Ziele der Operation zu formulieren vermochte, die Angriffe auf Luftabbwehrstellungen sowie Ziele in Tripolis aber weiter fortgesetzt wurden, beschloss die Koalition in Berlin die Entsendung zusätzlicher Soldaten nach Afghanistan. Sie sollen die AWACS-Aufklärungsbesatzungen über Afghanistan verstärken und auf diese Weise vor allem die USA für ihren Einsatz gegen Libyen entlasten, wie das Bundeskabinett am Mittwoch entschied.

Diese Entsendung macht ein neues Mandat des Bundestages nötig, das schon am Freitag beschlossen werden soll. Am Mittwoch kam es zur ersten erhitzten Debatte des Hohen Hauses. Dabei warfen SPD und Grüne der Koalition ein Vorgehen im Schweinsgalopp vor, wie der Vertreter der Sozialdemokraten Gernot Erler es formulierte. Er wies darauf hin, dass der Bundestag das AWACS-Mandat bereits 2009 erteilt hatte. Zum Einsatz kam es allerdings unter anderem wegen verweigerter Überflugrechte durch Aserbaidshan und Kirgisistan nicht. Inzwischen ist dieses Hindernis beseitigt, weil eine neue Route gefunden ist, die in der Türkei ihren Anfang nimmt. Im April läuft das Mandat jedoch aus und muss deshalb erneuert werden. Die Bundesregierung präsentiere der NATO in einer Geschenkpackung, was sie längst zugesagt habe, so Erler.

Kurzum: Die SPD plädiert, wie auch die Grünen, für eine unverfälschte Solidarität, einen offen bekennenden Einsatz gegen den libyschen Machthaber, keine »Mogelpackung«, wie Gernot Erler der Regierung vorwarf. Ein »Desaster der Passsivität« prangerte seinerseits Omid Nouripur an, der Vertreter der Grünen, der in der übereilten Entscheidung zu AWACS den Versuch der Regierung erkannte, den »deutschen Sonderweg« zu Libyen vergessen zu machen. Das habe mit einer »wertegebundenen Außenpolitik nichts zu tun«, so Nouripur. Ganz anders bewertete der Sprecher der Linkspartei Wolfgang Gehrcke den Sachverhalt, der wenigstens im Abzug der Schiffe vor Libyen eine vernünftige Maßnahme erkannte. Ein neues AWACS-Mandat diene allerdings der Ausweitung des Krieges in Afghanistan und sei nicht zustimmungsfähig. Nicht der kleinste Finger werde sich bei der LINKEN dafür rühren.

In seiner ersten Rede als Verteidigungsminister räumte Thomas de Maizière mit allen Illusionen auf. Der Abzug der Schiffe sei keine zusätzliche Abstinenz Deutschlands. Ihr Einsatz unter NATO-Kommando hätte den sofortigen Segen des Bundestages erfordert. Neuer Zank wäre damit programmiert. Aber natürlich, so beruhigte de Maizière alle Zweifler, würden deutsche Soldaten auch im Falle Libyens ihre Pflicht gegenüber der NATO erfüllen – in den Integrierten Kommandozentralen der Allianz.

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