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Schmerz in der Fremde

In Frankfurt am Main debattieren Mediziner auch über die besonderen Probleme von Migranten

  • Juliane Ziegler, epd
  • Lesedauer: 3 Min.
Sprachbarrieren und große kulturelle Unterschiede erschweren nach Aussage von Medizinexperten die Behandlung ausländischer Patienten in Deutschland. Manchmal verweigern Ärzte Patienten mit Migrationshintergrund sogar von vornherein die medizinische Behandlung.

Frankfurt am Main. »Wann muss ich das Schmerzmittel einnehmen?« »Reicht dann eine Tablette, wenn der Schmerz wiederkommt?« Die Kommunikation in einer Schmerztherapie mit Migranten sei oft eine Herausforderung, sagt Thomas Cegla, Leiter des Schmerzzentrums Sankt Josef in Wuppertal: »Gerade bei der Medikamentenvergabe ist es ganz wichtig, dass der Patient mich versteht.« Doch Sprachbarrieren und große kulturelle Unterschiede erschweren nach Aussage von Experten die Behandlung ausländischer Patienten. Hinzu kommt, dass in Kliniken und Arztpraxen oft mehrsprachige Hinweise auf Leistungen fehlen.

Gesund aus Höflichkeit

Migranten, sagt Cegla, gehen anders mit ihren Beschwerden um als Einheimische, viele verarbeiteten den Schmerz anders. Dem Mediziner zufolge versuchen Europäer und Amerikaner eher, den Schmerz möglichst genau zu beschreiben, damit ihnen schnell und wirksam geholfen werden kann. In stark katholisch geprägten Ländern, wie zum Beispiel Irland, bringe man allerdings Krankheit und Schmerz mit sündigem Verhalten in Zusammenhang. Leid werde hier nicht öffentlich gezeigt.

»Im Umgang mit ausländischen Patienten treten jedoch nicht nur Sprachprobleme auf«, erklärt Cegla. Auch die kulturellen Hintergründe könnten die Behandlung erschweren. Für Kurden gelte zum Beispiel der Grundsatz, dass man Ärzten nicht widersprechen dürfe, erzählt der Schmerztherapeut. Er selbst habe schon erlebt, dass Kurden aus Höflichkeit erst mal beteuerten, ihre Beschwerden seien besser geworden. »Erst nach und nach hat sich dann gezeigt, dass die Schmerzen unverändert sind.«

Ramazan Dalgali, Leiter des Interkulturellen Zentrums in Remscheid, betont, dass der Umstand der Migration sowie fehlende Integration Menschen krank machen können. Er habe durch seinen täglichen Umgang mit Zuwanderern den Eindruck, dass sie häufiger an Depressionen oder Angststörungen erkrankten als Deutsche. Die Gründe: »Vor allem Frauen fühlen sich hier einsam, sie haben keine Freunde, haben Heimweh, sie sind alleine zu Hause, während der Mann arbeitet. Und dann bekommen sie Schmerzen.«

Noch bis zum Sonntag findet in Frankfurt der Deutsche Schmerz- und Palliativkongress statt. Uwe Junker, Schmerzmediziner am Sana Klinikum Remscheid, referierte dort über »Schmerzempfinden bei Migranten«. Er erklärte, vor allem bei Menschen, die wegen Krieg, Folter oder Gewalt ihr Land verlassen mussten, äußerten sich seelische Beschwerden häufig in Form von körperlichen Schmerzen, wie Rücken-, Nacken- oder Kopfschmerzen. Solche belastenden Erfahrungen könnten sie indes wegen der Sprachprobleme oft nicht sofort dem Arzt schildern. »Und die Mediziner«, sagt Junker, »verschreiben erstmal Schmerzmittel.«

Es fehlt einfach die Zeit

Thomas Cegla sagt: »In solchen Fällen fehlt den Ärzten manchmal schlichtweg die Zeit.« Meryam Schouler-Ocak beschäftigt sich an der psychiatrischen Klinik Sankt Hedwig der Berliner Charité mit psychisch erkrankten Migranten. Sie kennt sogar Situationen, in denen Ärzte Patienten mit Migrationshintergrund von vornherein abgelehnt haben: »Die Behandlung könnte umständlicher, aufwendiger, anstrengender sein, und würde deshalb viel Zeit kosten.« Hinzu komme, dass seelische Erkrankungen in vielen Kulturen nicht als ernst zu nehmendes Krankheitsbild angesehen werden. Würde die Kommunikation besser funktionieren, könnten körperliche Schmerzen viel schneller ausgeschlossen werden, sagt Meryam Schouler-Ocak.

»Deshalb muss viel mehr dafür getan werden, dass Migranten besser Deutsch lernen«, fordert Uwe Junker. Ramazan Dalgali sieht hingegen die einzige Lösung darin, dass Migranten von Ärzten mit dem gleichen Kulturhintergrund behandelt werden. Meryam Schouler-Ocak geht sogar noch weiter: »Die Einrichtungen müssten interkulturell viel offener sein. Und meine Kollegen müssen entsprechende Kompetenzen erwerben. Daran fehlt es.«

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