Thomas Steinert: Fotos vom Rausch

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Die barocke Kassettendecke im Festsaal von Schloss Moritzburg in Zeitz, zeitweise »Landarmenanstalt« für »Gemütskranke und zu Korrigierende«. Arbeit unter Engelsaufsicht: Zynismus oder Trost?
Die barocke Kassettendecke im Festsaal von Schloss Moritzburg in Zeitz, zeitweise »Landarmenanstalt« für »Gemütskranke und zu Korrigierende«. Arbeit unter Engelsaufsicht: Zynismus oder Trost?

Sein Gram, schreibt er, sei groß, damit könne er jede Gegend ruinieren. Ernst Ortlepp, 1800 in Droyßig bei Zeitz geboren, ist ein Vormärzdichter, kein Großer, aber ein intensiv Fühlender, einer, der berauscht durchs Leben geht, unzählige Verse schreibt und im »Naumburger Kreisblatt« veröffentlicht. Rund um Pforta ein provinzialischer Zergröler des Gottesdienstes, der in »Korrektionsanstalten« landet und, wieder in Freiheit, mit Blumensträußen, um sich selber zu erfreuen, durchs Saaletal zieht. Er will irgendwann kein Zuhause mehr, ein Verstoßener, Geächteter, aber er findet seinen Einfluss, seine Strahlkraft im jungen Nietzsche: Ortlepp, der Kauz, der Bohemien, der ungebärdig Verrückte, gleichsam als Urbild des grenzverletzenden Träumers, der sich den Bindungspflichten der Zeit um den hohen Preis der Einsamkeit entwindet. »Die ganz sich nur der Gegenwart ergaben,/ Die wird auch ganz die Gegenwart begraben.« Dem landläufigen Menschenwes...


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