Demokratisierung im Bankensektor
Attac will im Herbst 2012 das erste gemeinwohlorientierte Geldinstitut in Österreich gründen
»Demokratische Banken« nennt Attac Österreich seine Vision für ein Finanzsystem, in dem Geld nur noch in ökologische, soziale und nachhaltig operierende Wirtschaftsprojekte fließt. Der Vorstoß für eine strukturelle Änderung des gesamten Bankwesens basiert auf zwei Säulen. Zum einen auf der ideellen Forderung, so lange und so starken politischen Druck auszuüben, bis der Bankensektor »auf Gemeinwohlorientierung umgestellt und auf seine Kernaufgabe – das Einlagen- und Kreditgeschäft – zurückgeführt« wird, wie es in einem Projektpapier heißt. Parallel dazu soll die Gründung einer genossenschaftlich aufgebauten kleinen Bank betrieben werden, die als Vorläuferin eines zukünftig demokratisch organisierten Geldwesens gedacht ist.
Die weit verbreitete Unzufriedenheit mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, die im Bankensektor besonders drastisch zu spüren war, könnte als gesellschaftliches Treibmittel für die vorgeschlagene Neuorientierung dienen. An historischen Beispielen für solche Demokratisierungsbemühungen mangelt es nicht. Sowohl die Raiffeisenbanken wie auch Volksbanken gehen auf genossenschaftliche Initiativen von Menschen im 19. Jahrhundert zurück, die das damalige Bankensystem als ausbeuterisch und unbrauchbar empfanden. Mittlerweile haben sich beide Bankengruppen allerdings längst den Gepflogenheiten der Profitwirtschaft angepasst und spekulieren – wie ihre Konkurrenten – zwischen Weltfinanzplätzen und dicht geknüpften Filialnetzen auf den schnellen Gewinn. Waren Raiffeisen- und Volksbank-Genossenschaften noch Interessenvertreter für bäuerliches und handwerkliches Wirtschaften, so kommt die Idee einer »demokratischen Bank« ohne gesellschaftliches Subjekt aus. Die gesamte »Zivilgesellschaft« müsse hinter einer Demokratisierung des Bankwesens stehen, erklären die Initiatoren.
Die praktischen Hürden bei der Gründung einer demokratisch funktionierenden Modellbank sind vielfältig. In Salzburg musste eine anthroposophisch ausgerichtete Initiative zum Aufbau einer »Hermes-Bank« genannten Einrichtung vor Kurzem ihre Pläne zurückstellen. Eine Sprecherin beklagte gegenüber ND die zunehmend restriktiver werdenden Voraussetzungen, die die österreichische Finanzmarktaufsicht für die Gründung einer Bank vorsieht. Allein die Anhebung des Grundkapitals von fünf auf acht Millionen Euro habe den Initiatoren zu schaffen gemacht.
Auch die von Attac forcierte Gründung einer »Demokratischen Bank« kämpft mit den Mühen der Ebene. Bis zur geplanten Gründung im Herbst 2012 will man fünf bis acht Millionen Euro Grundkapital aufgebracht haben. Anteilseigner, die je 1000 Euro einbringen, werden dringend gesucht. Reinhard Mammerler vom Vorbereitungsteam gibt sich optimistisch: »Derzeit haben wir circa 25 Prozent des vorgeschriebenen Gründungskapitals beisammen«, sagte er gegenüber ND. Mit der in Deutschland tätigen »Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken« gebe es keine direkte Zusammenarbeit, man wolle eigenständig agieren.
Konkurrenz droht den Ansätzen »demokratischer Banken« von den Big Players am österreichischen Geldmarkt. Auch dort scheint man die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und mit ihnen den Unwillen vieler Bankkunden, ihr Geld für Spekulationsgeschäfte auf die Institute zu tragen. Und im Falle von ökonomischen Krisen um die Einlagen zittern zu müssen. Dem Vernehmen nach planen sowohl die »Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG« als auch die »Raiffeisen« die Gründung von eigenen kleinen Instituten, die ethisch wertvolles Gebaren der Einlagen versprechen sollen. Wenn ein solches Modell im Rahmen einer Großbank als speziell adaptierte »Anlageform für Idealisten« verwirklicht würde, könnten zwar die Anleger ruhiger schlafen, der Idee einer Umgestaltung des gesamten Bankwesens käme man damit freilich nicht näher.
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