Gesehen

Mädchen mit Gitarre

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

In Jackett überm bunten Pullover, Jeans und barfuß kommt Yoav auf die Bühne. Nimmt seine Gitarre, guckt kurz ins Publikum, teilt mit, dass er keine Band dabei habe und alles selbst spielen müsse und eröffnet als »Vorband« für Katie Melua den Montagabend in der O2-World. Was dann folgt, ist schönstes Spiel mit und an der Gitarre. So wie beispielsweise der Ire Colm Mac Con Iomaire von den »Frames« an der Geige, nimmt Yoav ein paar Takte Melodie auf, spielt sie in Dauerschleife ab, legt die nächste Tonspur darüber, und noch eine geklopfte, und singt. So entstehen mit ein paar technischen Spielereien Songs, die klingen können wie am Laptop gemixte Elektrostücke, oder wirklich von einer ganzen Band produzierte Songs. Mit Stücken wie »Club Thing« und »Yellowbrite Smile« gelingt es dem Briten, auch allein die riesige Halle der O2 Arena zu füllen – und das Publikum auf Katie Melua einzustimmen.

Die eröffnet schließlich in violettes Licht getaucht ihr Konzert mit zwei Songs von älteren Alben. Begleitet von ihrer Band an Schlagzeug, Gitarre, Bass und Flügel spielt sich die grade mal 25-Jährige durch ihr Repertoire aus Jazz, Blues, Folk und rockigen Songs. Die Musik der in Georgien geborenen englischen Sängerin in ein festes Genre zu stecken, ist eher unmöglich. Man könnte sie in eine Reihe der weiteren jungen Popsterne stellen, aufzählen mit Norah Jones und Katy Perry – was allerdings nur auf ihren Bekanntheitsgrad und ihre Haarfarbe schließen lassen würde. Auch kann man ihre Musik nicht als Pop abtun. »Das Mädchen mit der Gitarre« denkt man gelegentlich, wenn sie zwischendurch alleine auf der Bühne steht und Songs zum Besten gibt. Doch dann singt sie wieder zu Rockklängen, die stellenweise fast an AC/DC oder ein bisschen an Queen erinnern und würde das Publikum in ziemliche Bewegung versetzen – wenn es denn kein Sitzkonzert wäre.

Die passende visuelle Untermalung gibt es per Videoeinspielung auf die Leinwand. Dort sitzen im Halbkreis mal scheinbar hinter einer riesigen Jalousie verborgen die Streicher, deren Musik einige Songs begleitet. Dann wieder wird »Tiny Alien« von hunderten winziger animierter Pixelfiguren begleitet, die passend zum Text über die Leinwand wackeln. Zu »God on the Drums, Devil on the Bass« tauchen genau hinter den zwei entsprechenden Musikern Schattenrisse auf der Leinwand auf, die man zunächst für Projektionen der gerade Spielenden hält. Bis sie sich zum Teufel mit roten Augen und Gott mit blauem Nebel verzerren, die sich zwischen ihren Instrumenten einen Schlagabtausch liefern.

»A Moment of Madness« vom aktuellen vierten Album »The House« beginnt wie eine zarte Swingnummer der 20er Jahre. »The Closest Thing to Crazy« ist eine Ballade mit Streicher-Begleitung – bis schließlich »God on the Drums, Devil on the Bass« wieder ins Rockige gleitet. »Das Mädchen mit der Gitarre« kann im Prinzip alles singen, ihre Stimme in jedem Musikstil gekonnt und vor allem auch die riesige Halle füllend einsetzen. Ihren hierzulande bekanntesten Song »Nine Million Bicycles« vom zweiten Album »Piece by Piece« hebt sie sich bis zum Schluss auf.

Auch wenn die O2-World schlichtweg zu groß ist und Meluas vielseitige Musik in Clubatmosphäre wesentlich besser wirken würde, ist es ein gelungenes Konzert.

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