»Der Anfang vom Ende von Stuttgart 21«

Bahn gehorcht dem künftigen grünen Ministerpräsidenten und verhängt Baustopp

  • Barbara Martin, Stuttgart
  • Lesedauer: 2 Min.
Die neue grün-rote Landesregierung ist noch nicht mal im Amt, da gehorcht ihr die Bahn AG bereits. Gestern verkündete sie den sofortigen Bau- und Vergabestopp für Stuttgart 21. Den hatten die Grünen seit Langem und die SPD seit Neuestem gefordert.

Bei Stuttgart 21 wird die Bahn »bis zur Konstituierung der neuen Landesregierung keine neuen Fakten schaffen – weder in baulicher Hinsicht noch bezüglich der Vergabe von Aufträgen«. So lautet die Mitteilung der Bahn. Noch Ende September, zu Beginn der Schlichtung, hatte die Bahn mehrmals erklärt, ein Bau- und Vergabestopp für das 4,1 Milliarden-Projekt käme nicht in Frage. Nun ist man offenbar zu der Einschätzung gelangt, dass es angesichts neuer Machtverhältnisse im Ländle klug wäre, zunächst keine weiteren Kosten beim Bau von S 21 zu produzieren.

Bahn-Technikvorstand Volker Kefer betont aber zudem, der mit den Projektpartnern geschlossene Vertrag gelte uneingeschränkt: »Schließlich ist das Land Baden-Württemberg und nicht die jeweilige Landesregierung Vertragspartner.«

Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und SPD-Chef Nils Schmid begrüßten die Erklärung und forderten, den geplanten Stresstest abzuwarten, um anschließend das Volk entscheiden zu lassen. Auf die Volksabstimmung hatten sich Grüne als S21-Gegner und die SPD als S21-Befürworter bereits vor der Wahl geeinigt. Der Stresstest wurde in der Schlichtung vereinbart und ist eine groß angelegte Simulation, mit der die Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs geprüft werden soll. Die Projektgegner erwarten, dass der Test bedeutende Mehrkosten ergeben wird. Bislang hatte die Bahn darauf beharrt, den Test alleine zu machen und im Sommer Ergebnisse vorzulegen.

Im Aktionsbündnis gegen S21 macht sich nun die Hoffnung breit, dass der Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofes in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof sogar ohne Stresstest und Abstimmung beendet werden könnte. »Der Baustopp ist der Beginn vom Ende«, glaubt zumindest Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis. Offenbar sei der Bahn klar geworden, »dass mit der neuen Landesregierung eine größere Transparenz in den Prozess kommen wird. Außerdem kann die Bahn den Stresstest jetzt nicht mehr so machen, wie sie wollte. Auch das dürfte ihnen nicht gefallen.«

Angesichts der Drohung von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), die Bundesmittel für S21 (1,2 Milliarden Euro) zu überprüfen und eventuell anderen Ländern zu geben, meinte Sauerborn, das Geld solle in sinnvolle Projekte im Ländle fließen. Das müsse die neue Landesregierung mit Bahn und Bund verhandeln. »Wir wollen ja nicht nur den Ausstieg aus S21, wir wollen auch den Einstieg in den ertüchtigten Kopfbahnhof und eine verbesserte Anbindung nach Ulm«, erklärt Sauerborn.

Das sei wie beim Atomthema. Da gehe es um den Ausstieg aus der Kernkraft und den Einstieg in die erneuerbaren Energien. Die Debatte, ob und wie das funktionieren könnte, tobt derweil auf Bundesebene.

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