Die barmherzigen Totengräber von Sidiro

Warten auf den Zaun am »Einlasstor der EU« – wo Flüchtlinge aus Asien und Nordafrika ihre letzte Ruhe finden

  • Hansgeorg Hermann
  • Lesedauer: ca. 8.5 Min.

Bisweilen wird die griechisch-türkische Grenze am Evros das »Einlasstor zur EU« genannt. Tatsächlich wurden am Grenzfluss seit Jahresbeginn mehr als 5200 Einwanderungswillige aus Asien und Afrika festgenommen. Denn inzwischen wacht die Grenzschutzagentur Frontex über das »Tor«, an dem für manche das Leben endet.

Imam Hassan Saramet auf dem »anderen« Friedhof des Dorfes Sidiro: 150 namenlose Afghanen, Pakistaner, Bengalen und Nordafrikaner fanden hier ihren Frieden – nach einer kurzen, erfolglosen Reise, die sich »Leben« nannte.
Imam Hassan Saramet auf dem »anderen« Friedhof des Dorfes Sidiro: 150 namenlose Afghanen, Pakistaner, Bengalen und Nordafrikaner fanden hier ihren Frieden – nach einer kurzen, erfolglosen Reise, die sich »Leben« nannte.

»Sidiro?«, fragt Paskalis Maniakas, der Koch. »Wer will schon nach Sidiro?« Er serviert Kohlrouladen und gebratenen Stockfisch, das traditionelle griechische Wintergericht. Sein Restaurant »Symposio« in Soufli nahe der türkischen Grenze ist voll, es ist das einzige in der Gegend. »Gute Nachbarn dort, ruhige Menschen – man sieht sie kaum. Eine halbe Stunde mit dem Auto, aber – ehrlich gesagt – ich war noch nie dort.«

»Sidiro« ist das Wort für Eisen. So heißt es, das kleine Dorf am Südosthang der Rhodopen, das bisher in der Weltgeschichte keine Rolle gespielt hat.

In der Ebene fließt der Evros vorbei – die bulgarischen Nachbarn nennen ihn Mariza. In den Bergen, im Kaffeehaus bei Osman, sprechen die Männer türkisch – ihr Dorf, für sie ist es »Demir«. Das kommt aufs selbe raus, sagen sie. Auch »Demir« heißt Eisen, genau wie »Sidiro«. Wer diesen Namen irgendwann ausgesucht hat, weiß heute keiner mehr. Sidiro ist nur das, was auf dem O...


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