Keine Trendwende
Joachim Bischoff zur Bilanz der HSH Nordbank
ND: Noch vor einem Jahr wollten Sie die HSH am liebsten abwickeln, um die Risiken für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu begrenzen. Nun weist der scheidende Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher einen Gewinn nach Steuern aus.
Bischof: Die 48 Millionen Euro Gewinn täuschen. Sie ergeben sich nur nach internationalen Bilanzregeln. Wenn man den Abschluss nach dem maßgeblichen deutschen Handelsgesetzbuch zur Hand nimmt, steht dort ein Verlust von 219 Millionen Euro. Schauen wir uns das eigentliche operative Geschäft an, sehen wir sogar ein Minus von 500 Millionen Euro. Das als Trendwende zu verkaufen, ist eine Täuschung der Öffentlichkeit.
Also alles nur Bilanzkosmetik?
Die »Ergebniswende« der HSH Nordbank gelang vor allem dank lockerer Bilanzierungsregeln. Dazu kamen die Konjunkturerholung und steigenden Kurse an den Börsen. Beides hat eine schlimmere Bilanz verhindert.
Was auch dem Vorstand Vorteile bringt.
Ein noch so kleiner Bilanzgewinn erlaubt es, dass Boni gezahlt werden können. Die Gesamtvergütung für die Vorstände ist 2010 von vier auf zwölf Millionen Euro gesteigert worden. Eine Unverschämtheit.
Der neue Vorstandsvorsitzende Paul Lerbinger sieht die Bank gut aufgestellt. Alle Altlasten wurden durchgescheckt und das Controlling soll nun wasserdicht sein.
Das hat eine richtige Seite. 2008 hatte die Bank die Kontrolle über sich vollkommen verloren. Ob das Controlling so gut ist, dass es einem erneuten Stress standhält, kann ich von außen nicht beurteilen.
Den angeblichen Erfolg führt die Bank auf eine »erfolgreiche strategische Neuausrichtung« zurück. Ist das mehr als eine Schrumpfkur?
Es gibt kein tragbares Geschäftsmodell. Auch bei anderen Landesbanken nicht. Man hat den Immobilienbereich vor allem in den USA, Skandinavien und Großbritannien abgestoßen, man hat sich aus einigen Offshore-Zentren zurückgezogen und im Kerngeschäft der Schiffsfinanzierungen hat man im Wesentlichen nur noch alte Kredite fortgeschrieben. Zielpunkt ist der Verkauf der Bank.
Die Rückstellungen für Risiken, angeblich »konservativ« bilanziert, wurden von über 2,5 Milliarden auf einige wenige Millionen runter gefahren. Was wird aus den Altlasten in der »Bad-Bank«?
Die Länder haften mit Milliardenbeträgen. Es hat nun Werterholungsprozesse gegeben und Wertpapiere wurden verkauft. Man muss also nicht mehr in vollem Umfang der Garantien mit einem Ausfall rechnen. Doch ich erinnere daran, dass im eigentlichen Geschäft der Bank wieder ein Minus von 500 Millionen aufgetreten ist. Jetzt hängt vieles von der Konjunktur und den internationalen Finanzmärkten ab.
Beteiligungen und Garantien des Staates sollen bis 2012 zurückgezahlt werden.
Da habe ich meine Zweifel.
Die Rettungspakete scheinen für den Staat zu einem guten Geschäft zu werden. 500 Millionen Euro zahlte die Nordbank 2010 an Gebühren.
Ein gutes Geschäft für den Staat wird das nicht. Man muss die Gesamtbelastung im Auge behalten. So hatte die CDU-GAL-Regierung in Hamburg den Versorgungsfonds für die Renten in den privatisierten Krankenhäusern gezwungen, HSH-Aktien zu nehmen. Die sind bis heute um eine dreiviertel Milliarde Euro abgewertet worden. Die Gebühreneinnahmen werden solche Verluste nicht decken.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.