Infrastruktur mangelhaft

Grüne loben Preise für gute und schlechte Radverkehrsplanung aus / Negativbeispiele überwiegen

  • Sonja Vogel
  • Lesedauer: 3 Min.
Anwärter für die Verbogene Felge: Planer des Radweges auf der Blaschkoallee
Anwärter für die Verbogene Felge: Planer des Radweges auf der Blaschkoallee

Vor einem Jahr lobte die Grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus einen Foto-Wettbewerb um den »Goldenen Lenker« und die »Verbogene Felge« aus, um die Tops und Flops der Radverkehrsplanung zu ermitteln. Mehr als 100 Fotos sind bisher eingegangen. Gestern nun präsentierte Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, ausgewählte Beispiele für schlechte Radverkehrsplanung Berlins – für den »Goldenen Lenker« für vorbildliche Planungen gab es bisher keine Einsendungen. Die Flut von Negativbeispielen spiegelt nach Ansicht von Hämmerling den Zustand der Radinfrastruktur wider.

»Es gibt immer wieder ähnliche Probleme«, sagte Claudia Hämmerling. Zumeist geht es um die Verkehrsraumaufteilung, Falschparker und Straßenumbau ohne Radinfrastruktur. Dutzende Fotos zeigen Radwege, die im Nichts enden. Unsinnige Schilder. Falsch geschaltete Fahrradampeln. Autos auf Radwegen. Baustellen, die keinen Platz für Radler lassen und Fahrradstreifen, die auf knappen Gehwegen entlang geführt werden.

Für Hämmerling ist eine fahrradfreundliche Stadt darum eine Frage des Platzes. Probleme aufgrund fehlender Infrastruktur gebe es oft zwischen Fußgängern und Radfahrern, die von viel befahrenen Straßen auf den Gehweg ausweichen. Und jeder kennt die zwischen Gehweg und Fahrbahn gelegenen Bushaltestellen. Durch eine Radwege-Benutzungspflicht ist den Radlern zudem das Ausweichen verboten. »Konflikte sind hier programmiert«, sagt Hämmerling.

Ein dokumentiertes Negativbeispiel ist die Blaschkoallee. Am Rand der zweispurigen Straße gibt es nur streckenweise Angebotsstreifen, den Großteil der Strecke teilen Fahrräder mit Lkw. Die Verkehrslenkung Berlin, teilte das Bezirksamt Neukölln auf eine Anfrage der Grünen mit, bestehe auf den Erhalt beider Autospuren, um die Blaschkoallee als Ausweichstrecke zu erhalten. Für »absolut unangemessen« hält Hämmerling diese Entscheidung, zumal Radfahrer in manchen Stadtteilen Autofahrern zahlenmäßig überlegen sind. »Es gibt eine eindeutige Entwicklung hin zum Radverkehr«, konstatierte die verkehrspolitische Sprecherin. Die Behörden aber säßen wie das Kaninchen vor der Schlange. Man traue sich nicht, Entscheidungen zu fällen.

Als positives Beispiel führt Hämmerling die Kastanienallee an. Rund 6500 Radler passieren hier am Tag, »deutlich mehr als Autofahrer«. Nun bauen die Behörden um – gegen den Protest der Anwohner. »Ich wünsche mir, dass künftig bei allen Planungsvorhaben der Radverkehr mitgedacht wird«, beendete Hämmerling ihre Präsentation. Vorerst wird es aber kleinteiliger voran gehen. Engagierte Radfahrer wenden sich zur Zeit mit Einzelwidersprüchen gegen die Radwege-Benutzungspflicht. Laut Bundesverwaltungsgericht gilt die Pflicht nämlich nur in begründeten Einzelfällen.

Am 5. Juni können Besucher des Infostandes der Grünen auf dem Umweltfestival die schlechtesten und besten Beispiele der Radinfrastruktur küren. Die »Verbogene Felge« wird im Anschluss an die verantwortliche Behörde verliehen werden. Ob sich bis dahin auch Anwärter für den »Goldenen Lenker« finden, bleibt abzuwarten.

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