Medwedjew gegen Korruption

Russischer Präsident verpasst Wirtschaft radikale Reformen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Präsident Dmitri Medwedjew hat der russischen Wirtschaft und Administration eine Radikalkur verordnet.

Durch seinen Zehn-Punkte-Plan soll vor allem das Investitionsklima verbessert werden, das der Kremlchef als »miserabel« bezeichnete. Darin tadelt Medwedjew, dass Minister Posten in Aufsichtsräten staatsnaher Konzerne haben, verzerre den Wettbewerb und sei ungerecht gegenüber der privaten Konkurrenz. Beamte sollen ihre Controller-Jobs daher bis zu den Hauptversammlungen Mitte des Jahres niederlegen.

Gleichzeitig werden Staatsunternehmen verpflichtet, ihre Ausgaben um zehn Prozent zu senken. Medwedjew hatte ihnen vorgeworfen, für Rohstoffe wie für Dienstleistungen grundsätzlich erheblich mehr zu zahlen als die Privatwirtschaft. Anders als mit Korruption ließe sich das nicht erklären. Die greife auch bei Staatsaufträgen, die um 15 Prozent gekürzt werden sollen.

Vor allem mit ausufernder Korruption erklärte Medwedjew auch die Zurückhaltung westlicher Investoren. Die Staatsanwaltschaft soll daher innerhalb von zwei Wochen einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Umgang mit Beschwerden über Korruption regelt. Parallel dazu sollen von der Kremladministration ernannte unabhängige Inspektoren die Regionalregierungen überwachen. Um zu verhindern, dass diese Teil des lokalen Establishments werden, sollen sie zwischen den Verwaltungseinheiten pendeln. Ab Mai nehmen auch Investitions-Sonderbeauftragte des Präsidenten in allen acht Regierungsbezirken ihre Arbeit auf. Sie sollen die Regionalregierungen, die sich mit Erteilung von Lizenzen oft Monate Zeit und erhöhtes Tempo extra vergolden lassen, kontrollieren und das Prozedere verkürzen.

Außerdem will der Staat auf die bisherige strikte Kontrolle ausländischer Investitionen in sogenannte strategische Branchen verzichten und Dienstleistungen für Investoren substanziell verbessern. Staatsunternehmen müssen ihren Minderheitsaktionären künftig vollen Zugang zu allen Informationen über ihre Tätigkeit gewähren.

Eine erste Bilanz will Medwedjew bereits während des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums Anfang Juni ziehen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.