Kunsthaus kaputt

Bewohner räumen das Tacheles teilweise / Bagger planieren bereits das Gelände

  • Nada Weigelt, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Überraschende Wende im Streit um das bekannte Berliner Kunsthaus Tacheles: Nur einen Tag nach der ursprünglich geplanten Zwangsversteigerung hat ein Teil der Nutzer die Kaufhausruine in Berlin-Mitte freiwillig geräumt – und dafür eine Million Euro erhalten.
Bagger räumen am Dienstag die Höfe des Cafe Zapata hinter dem Kunsthaus Tacheles.
Bagger räumen am Dienstag die Höfe des Cafe Zapata hinter dem Kunsthaus Tacheles.

Woher das Geld kommt, blieb zunächst unklar. Auf dem Gelände rückten Bagger an, um das Biotop im Hinterhof zu planieren. »Der Kampf ist vorbei, und wir sind alle erleichtert«, sagte Tim Africa, der bisherige Sprecher der Gruppe, auf Anfrage. Betroffen seien rund 80 Arbeitsplätze im Kunst- und Gastronomiebereich. »Wir danken Berlin. Es war großartig, dass wir 21 Jahre hier sein konnten.«

Die HSH Nordbank, die das Gelände nach der Schieflage des bisherigen Besitzers verwaltet, machte zu Einzelheiten keine Angaben. Sprecherin Gesine Dähn sagte lediglich, angesichts der bevorstehenden Versteigerung habe sich ein Teil der Nutzer entschieden, das Gebäude zu verlassen. »Der vom Gericht bestellte Zwangsverwalter hat die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen ergriffen.« Die HSH Nordbank hatte das 16 Grundstücksparzellen umfassende Gelände im Herzen Berlins am Montag zwangsversteigern lassen wollen. Der Termin wurde aber kurzfristig abgesagt. Die Verhandlungen mit den Bietinteressenten seien noch nicht abgeschlossen, hatte es geheißen.

Die Nutzer des Hauses sind untereinander zutiefst zerstritten. Die sogenannte Gruppe Tacheles, die jetzt ausgezogen ist, betrieb unter anderem ein Café, ein Lokal, eine Metallwerkstatt und das Kino. Die eine Million Euro als Entschädigung für den Auszug seien der Gruppe von einem anonymen Bieter zugegangen, so Sprecher Africa. Die Vermittlung sei über eine Anwaltskanzlei gelaufen.

Die andere Gruppe will eigenen Angaben zufolge ihre Arbeit unverändert fortsetzen. Sie verwaltet vor allem die rund 30 Künstlerateliers und das Theater im Haus. »Für uns hat sich nichts an der Situation geändert«, sagte Sprecherin Linda Cerna. »Wir hoffen, dass die Stadt Berlin doch noch ihrer Verantwortung gerecht wird.« Der Hamburger Investor Harm Müller-Spreer wies unterdessen Gerüchte zurück, er wolle das Gelände kaufen. »Nach derzeitigem Stand kein Interesse«, sagte der Unternehmer.

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