Alarm am Gartenteich
Im saarländischen Sankt Ingbert können sich Rettungskräfte auf Einsätze aller Art vorbereiten
Sankt Ingbert. Es blitzt und donnert. Vor dem Unfallauto liegt ein Motorrad, wenige Meter daneben der verletzte Biker mit verdrehten Armen und Beinen. Daneben knien drei angehende Rettungsassistenten in ihren orangefarbenen Anzügen, setzen eine Spritze, beatmen den Verunglückten, legen ihm eine Halskrause an. Zum Glück ist das »Opfer« eine Puppe, das Szenario nur gestellt. Doch im Ernstfall geht es oft um Leben und Tod, alles muss wie am Schnürchen klappen. Und das können Nothelfer seit Sommer 2010 im saarländischen Sankt Ingbert lebensnah üben.
100 Unfallszenarien
Hier steht die einzige Rettungsarena ihrer Art in Südwest-Deutschland, eine von wenigen in der ganzen Republik. »Ziel und Zweck ist es, die Schüler ans normale Leben heranzuführen«, erläutert der Leiter der DRK-Rettungsdienstschule, Christian Bartha.
In der Rettungsarena können auf mehreren hundert Quadratmetern mehr als 100 Unfallszenarien computergesteuert nachgestellt werden – vom Verkehrscrash über einen Herzinfarkt bis hin zum Grill- oder Waldarbeiterunfall. Durch die Halle führt eine Fahrbahn mit zwei Ampeln, in den Ecken finden sich Teich, Gartenhaus, Kohlegrill und Betonmischer. Statt nur theoretisch im Klassenzimmer, bekommen die Retter die Tücken bei den verschiedenen Einsätzen zu spüren. »Das lässt sich alles viel realer nachvollziehen als in der Schule«, sagt Daniel Weiand (20), der eine zweijährige Ausbildung zum Rettungsassistenten absolviert.
Wenn es ernst wird, können oft nicht bedachte Umstände zum Problem werden – wenn etwa ein eingeklemmter Autofahrer im Wrack versorgt werden muss, ein noch nicht ausgelöster Airbag aber zur Gefahr für den Helfer selbst wird. Oder beim Unfall eines Gefahrguttransportes heißt es erstmal, sich selbst zu schützen und nicht gleich an das Wrack zu treten. »Viele müssen verinnerlichen: Ein verletzter Helfer ist ein schlechter Helfer«, sagt Bartha.
Eine komplette Wohnung
Ganz groß geschrieben wird Kommunikation, die entscheidend für das Zusammenspiel der Teams ist. Dazu werden die Übungen auf Video aufgezeichnet. Im Klassenzimmer können die Helfer dann rekapitulieren, was schlecht lief. Bisher wurden rund 300 Helfer in der Rettungsarena geschult. Beliebt sind bei Ärzten aus der ganzen Republik laut Bartha vor allem Fortbildungen im »Traumamanagement«, bei denen die Mediziner nach einem genauen Ablaufplan praxisnah lernen, was bei Verletzten zuerst untersucht und behandelt werden muss.
Besonders hilfreich empfinden viele Schüler die Übung in einer komplett eingerichteten Wohnung. »Ich habe im Einsatz schon erlebt, dass ein kollabierter, glitschiger Mensch aus der Badwanne geborgen werden muss«, sagt Weiand. »Das kann ich hier super üben.«
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