Grüner OB übernimmt SPD-Erbhof
Künftiger Darmstädter Stadtchef tritt für mehr Bürgerbeteiligung ein
Mit der Wahl ihres Kandidaten Jochen Partsch zum neuen Oberbürgermeister der südhessischen Metropole Darmstadt setzen die Grünen ihren Siegeszug in den Kommunen weiter fort. Partsch konnte sich am Sonntag in der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt mit einem Anteil von 69,1 Prozent überraschend klar gegen den Amtsinhaber Walter Hoffmann von der SPD durchsetzen, der mit einem Anteil von nur 30,9 Prozent abgewählt wurde. Dies ist eine Zäsur. Seit Kriegsende hatte die SPD ununterbrochen in Darmstadt den Oberbürgermeister gestellt und im Rathaus den Ton angegeben.
Geringes Wählerinteresse
Bei einer Wahlbeteiligung von lediglich 36,2 Prozent wurde Partsch allerdings von nur 24,7 Prozent aller Darmstädter Stimmberechtigten gewählt, auch wenn er gegenüber dem ersten Wahlgang absolut an Wählerstimmen hinzugewann.
Die anhaltende (Mobilisierungs-) Schwäche der Sozialdemokraten in hessischen Großstädten hatte sich schon bei den Kommunalwahlen Ende März abgezeichnet. So verbuchte die SPD vor allem in Frankfurt und Darmstadt bei der Wahl der Stadtverordnetenversammlung empfindliche Niederlagen. Die Grünen bilden mit rund 32,9 Prozent die stärkste Fraktion im Darmstädter Rathaus, die SPD landete mit lediglich 21,3 Prozent noch hinter der CDU (24,8 Prozent) auf Platz drei. Mit ihrem Erfolg in Darmstadt stellen die Grünen nun auch außerhalb Baden-Württembergs erstmals einen Oberbürgermeister in einer Großstadt mit über 100 000 Einwohnern. Im Südwesten war ihnen das bereits in Freiburg (Breisgau) gelungen. Siege bei der OB-Direktwahl hatten grüne Kandidaten auch in Universitätsstädten wie Tübingen oder Konstanz, in Mühlacker (bei Pforzheim) sowie in der hessischen Kreisstadt Bad Homburg (Hochtaunuskreis nördlich von Frankfurt) errungen. Auch in über zwei Dutzend kleineren Orten zwischen Schleswig-Holstein und Oberbayern stehen grüne Bürgermeister an der Spitze der Verwaltung.
Der neu gewählte Darmstädter OB ist derzeit noch städtischer Sozialdezernent. Er hat in dieser Funktion in den letzten Jahren an seinem Profil als »sozialer« Politiker und Befürworter von mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung gearbeitet.
SPD-Amtsinhaber Hoffmann, ehemals DGB-Kreisvorsitzender in Darmstadt und ab 1998 Bundestagsabgeordneter, hatte sich durch politische Alleingänge bei wichtigen kommunalen Bau- und Infrastrukturprojekten von der eigenen Partei entfernt. Dies ging so weit, dass seine erneute Nominierung im SPD-Unterbezirk lange als unwahrscheinlich galt. Dass man sich dann wieder »zusammenraufte« und rechte Sozialdemokraten Hoffmann demonstrativ zur Hilfe eilten, hat ihm wenig genutzt. So mobilisierte ein Auftritt von Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück das verdrossene Wahlvolk ebenso wenig wie eine große Anzeige des früheren Bundestagsabgeordneten und SPD-Oberbürgermeisters Günter Metzger in der Lokalpresse.
Trost aus Marburg
Metzger gilt als Patriarch einer einflussreichen Politiker- und Juristendynastie. Seine Schwiegertochter Dagmar Metzger hatte im Jahr 2008 als Landtagsabgeordnete Schlagzeilen gemacht, weil sie zusammen mit vier anderen SPD-Parlamentariern die Wahl der Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti zur neuen hessischen Ministerpräsidentin mit Unterstützung der Linksfraktion strikt ablehnte. Dagmar Metzger wurde vor zwei Wochen als Stadtverordnete wiedergewählt und dabei durch Stimmenhäufung innerhalb der SPD-Liste sogar von Platz sechs auf Platz zwei »hochkumuliert«.
Immerhin kann sich die hessische SPD damit trösten, dass sich ihre Amtsinhaber bei den OB-Wahlen in Kassel und Marburg vor zwei Wochen bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit behaupten konnten. Zudem verteidigten zwei ihrer Landräte in großen hessischen Flächenkreisen bei der Stichwahl am letzten Sonntag ihre Ämter.
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