Dauerstreit um Hindu-Heiligtum
Thailand und Kambodscha treten auf der Stelle
Ein knapp 1000 Jahre altes Hindu-Heiligtum mitten im Dschungel – um nichts anderes geht es bei dem Konflikt. Preah Vihear, entstanden etwa um die gleiche Zeit wie die weltberühmten Tempelbauten von Angkor, steht genau dort, wo heute die Grenze zwischen Thailand und Kambodscha verläuft. Letzterem ist zwar das Bauwerk an sich zugesproche, doch das umliegende Grundstück von 4,6 Hektar bleibt ein Zankapfel. Auch mit dem vor einem halben Jahrhundert gefällten Urteil des Internationalen Gerichtshofs können sich nationalistische Kreise in Thailand absolut nicht anfreunden. Sie beanspruchen ganz Preah Vihear für sich.
Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Feuergefechten. Seit 2008 hat sich die Spannung kaum gelegt, zuletzt kam es im Februar erneut zur Eskalation. Die internationale Gemeinschaft mahnte beide Seiten, endlich mit Nachdruck an einer Einigung zu arbeiten und vor allem die Waffen schweigen zu lassen. Doch vor allem Thailand lehnt jegliche Einmischung von außen ab.
Der Kompromiss, auf den man sich schließlich verständigte, sieht eine Überwachung der Waffenruhe durch Indonesien vor, das derzeit den Vorsitz in der ASEAN führt. Sowohl Thailand als auch Kambodscha sind Mitglied des südostasiatischen Staatenbündnisses.
15 Beobachter aoll es auf jeder Seite geben. Obwohl es sich um Offiziere handelt, werden sie nur in Zivil auftreten – das ist eine Bedingung der thailändischen Armee. Die zweite Bedingung lautet, dass keiner der Beobachter einen Fuß auf das 4,6-Hektar-Areal setzt. Tagelang stritten selbst in Bangkok Militärs und Diplomaten, wie nah die Indonesier dem Zankapfel kommen dürften. Inzwischen gibt es offenbar Einvernehmen: Bis ans Tempelgrundstück heran dürfen die Beobachter, aber unter keinen Umständen darauf.
Thailands Armeespitze brachte sogar Außenminister Kasit Piromya mit ihrer starren Haltung in Bedrängnis. Der Chefdiplomat musste dem jüngsten Treffen im indonesischen Bogor demonstrativ fernbleiben. Dort fand die Tagung der Gemeinsamen Grenzkommission (JBC) statt, in der die Nachbarn bilaterale Fragen behandeln. Die Kommission besteht aus hochrangigen Ministerialbeamten, die Anwesenheit eines Kabinettsmitglieds ist also nicht unbedingt erforderlich, doch als Zeichen guten Willens war Kasits kambodschanischer Kollege Hor Namhong extra nach Bogor gereist.
Offenbar als Reaktion auf die jüngsten Fälle von Blockaden durch Bangkok hat es die Regierung in Phnom Penh bisher abgelehnt, das Gnadengesuch zweier Thais zu bearbeiten und zur Entscheidung an den König weiterzuleiten. Der Mann und die Frau sitzen Haftstrafen von acht bzw. sechs Jahren ab. Sie gehörten zu einer Gruppe von sieben Thais, die als Grenzverletzer festgenommen, in ihrem Fall aber auch als Spione angeklagt wurden. Es handelt sich um Mitglieder eines nationalistischen Netzwerks. Nicht einmal Thaksin Shinawatra, Thailands einflussreicher Expremier und Freund von Kambodschas Regierungschef Hun Sen, scheint in dieser Angelegenheit etwas erreichen zu können.
Strittig ist ebenfalls, ob Thailand bei den Scharmützeln im Februar Streumunition eingesetzt hat. Der Vorwurf stammt von der Cluster Munition Coalition (CMC), einer internationalen Nichtregierungsorganisation. Thailändische Armeesprecher haben den Einsatz solcher Munition zwar dementiert, doch offenbar ist das eine Frage der Zuordnung. Aus Sicht von CMC handelt es sich bei den eingesetzten Systemen um eine Form von Streubomben, während die thailändischen Militärs sie als »konventionelle Munition« bezeichnen. Thailand gehört bislang nicht zu den Unterzeichnerstaaten des internationalen Abkommens, mit dem nach den Landminen auch Streumunition weltweit geächtet werden soll. Dennoch habe man sich an diese Regeln gehalten, behauptete jetzt noch einmal Verteidigungsminister Prawit Wongsuwon.
ND-Karte: W. Wegener
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