Kein Konzept

Bernd Kammer zum neuen Wohnraumgesetz

  • Lesedauer: 2 Min.

Die gute Nachricht für die 160 000 Mieter in Sozialwohnungen: Der Senat will dem Mietwucher in ihren Quartieren einen Riegel vorschieben. Die schlechte – es werden nicht alle Bewohner in den Genuss dieser Wohltat kommen.

Für die 28 000 Mieter, deren Wohnungen bereits vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind, soll die Mietpreis-Bremse nicht gelten. Für die Fanny-Hensel-Siedlung oder die Kochstraße 23, wo sich die Mieten schlagartig verdoppelten, kommt die Senatsinitiative zu spät. Ihren Bewohnern gesteht das Gesetzt jetzt lediglich verlängerte Auszugsfristen zu.

Die übrigen Sozialwohnungen will Rot-Rot an das Vergleichsmietensystem heranführen. Automatische Mieterhöhungen von jährlich 13 Cent pro Quadratmeter soll es nicht mehr geben. Dies hat zu der paradoxen Situation geführt, dass 40 Prozent der Sozialwohnungen bereits teurer sind als vergleichbare Wohnungen auf dem freien Markt.

Wie viele Mieter jetzt ein wenig entlastet werden, wird man erst wissen wenn klar ist, wie viele Eigentümer auf die Senatsofferte eingehen und die Förderdarlehen vorfristig zurückzahlen. Und auch diese Sache hat einen Haken – im Gegenzug entlässt der Senat jede zweite Wohnung aus der Sozialbindung. Sie kann dann auch an Personen vergeben werden, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Zahl der Hartz-IV-Empfänger und sonstiger Bedürftiger in der Stadt abnimmt. Wo sollen die künftig wohnen, wenn zudem die Mieten weiter steigen? Das neue Gesetz ist bestenfalls Schadensbegrenzung, ein Konzept für sozialen Wohnraum ist es nicht.

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