Gelesen

Reise ins Sumpfland

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

In der brandenburgischen Niederlausitz soll der Wendenkönig einst seine Schätze versteckt haben. Gefunden wurden sie nie. Wer sich auf die Suche begibt, wird zwar sicher kein Gold und Silber finden, dafür aber die malerische Landschaft des Spreewalds und die alten Bräuche seiner Bewohner entdecken. Eine Reise lohnt sich. Lust darauf macht der sorbische Domowina-Verlag mit dem Büchlein »Wo der Wendenkönig seine Schätze versteckt hat«. Es erschien jetzt in deutscher und sorbischer Ausgabe. Bereits im vergangenen Jahr kam »Wo Krabat das Zaubern lernte« heraus – ein Buch über die sächsische Oberlausitz.

Etwa die Hälfte des neuen Buches dient dazu, kurz in Geschichte und Kultur der Sorben einzuführen. Im 6. Jahrhundert verließen slawische Stämme die Karpaten und siedelten sich im heutigen Ostdeutschland an. Mit 8000 Angehörigen waren die Lusitzer in der Mitte des 9. Jahrhunderts der größte Stamm in der Niederlausitz. Einige Sitten bewahrten sich bis ins Mittelalter, so das Recht der Frauen, sich scheiden zu lassen. Den christlichen Missionaren missfiel dies, doch sie konnten dagegen nichts ausrichten.

Auf den folgenden Buchseiten gibt es Tipps für Ausflüge, etwa nach Rohne, wo Hanzo Njepila (1766-1856) ähnlich wie Otto Lilienthal – aber lange vor ihm – Flugversuche unternahm, oder nach Straupitz, wo ein Gedenkstein für Albin Moller steht. Moller gab 1574 ein wendisches Gesangbuch heraus – das erste gedruckte sorbische Buch überhaupt. Heute Sorbe zu werden, ist ein Kinderspiel. Das Gesetz verlangt lediglich, sich zu bekennen.

Auf dem Cottbuser Altmarkt befindet sich ein Stolperstein, der an die Trachtenschneiderin Pawlina Krawzowa erinnert. Sie forderte die Sorben während der Nazizeit in wendischen Zeitschriften zu mehr nationalem Bewusstsein auf. Die Faschisten verhafteten die Frau 1938 und sperrten sie bis 1941 ein. Kurz nach ihrer Entlassung starb Krawzowa an den Folgen der Gefangenschaft.

Das Obersorbische und das Niedersorbische sind eng miteinander verwandt, erläutern die Autoren des gleichermaßen lehrreichen und unterhaltsamen Buches. So gibt es in der Grammatik beider Sprachen den Dual, die Zweizahl. Alle Dinge, die als Paar auftreten, bekommen eine besondere Endung. Manche Worte klingen ähnlich, bedeuten aber in beiden Sprachen etwas völlig anderes. Peinliche Verwechselungen sind möglich. Fragt der Obersorbe: »Kak ty rekaš?«, so möchte er wissen: »Wie heißt du?« Im Niedersorbischen jedoch bedeutet rikaš pupsen. Das sorbische Wort für Spreewald lautet übrigens Blota und steht nicht für Spreewald, sondern für Sumpfland.

Anja und Mirko Pohontsch, Rafael Ledschbor, Guido Erbrich: »Wo der Wendenkönig seine Schätze versteckt hat«, Domowina-Verlag, 108 Seiten (brosch.), 5,90 Euro

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.