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Christlichen Garten umtaufen?
Warum Heinrich Niemann gegen Namen mit religiösem Bezug ist / Dr. Heinrich Niemann ist Gründungsvorsitzender des Vereins »Freunde der Gärten der Welt«
ND: Am 30. April werden die Berliner »Gärten der Welt« im Bezirk Marzahn-Hellersdorf um einen weiteren Blickfang erweitert – den christlichen Garten. Sie sprechen sich wiederholt gegen diese Bezeichnung aus. Warum wollen Sie den Garten umtaufen?
Niemann: Die ursprüngliche Idee soll wieder Geltung erlangen, die mit der Ausschreibung verfolgt wurde: einen Garten aus dem christlich-abendländischen/europäischen Kulturkreis zu gestalten, für den der mittelalterliche Klostergarten das Vorbild gibt. Da es in der Geschichte der Gartenkunst bisher einen christlichen Garten nicht gegeben hat, ist es schon gerechtfertigt, zu fragen, wieso ausgerechnet die jetzt entstandene Anlage aus dem Verfahren mit einer anderen Vorgabe eine Bezeichnung als christlicher Garten, also quasi als Prototyp eines Gartens einer großen Religion, erhalten soll. Wieso muss am Beginn des 21. Jahrhunderts ausgerechnet in der weltoffenen Stadt Berlin ein solcher Namensakt vollzogen werden?
Neben einem chinesischen, japanischen, koreanischen, balinesischen oder orientalischen Garten nun also eine christliche Grünanlage. Kennen Sie das Konzept?
Schon diese Aufzählung erhellt das Problem. Alle Gärten sind traditionell nach geografischen oder auch anderen Aspekten geordnet und benannt, obwohl die jeweilige Religion stets einen starken Einfluss auf die Gartenkunst ausübte. Einzige Ausnahme: Der islamische Garten. Er wird im Koran genau beschrieben und üblicherweise so bezeichnet. In Berlin allerdings vermied man 2005 die Bezeichnung islamischer Garten – damals aus mit der Religionsfrage verbundenen Gründen – und benannte ihn Orientalischer Garten.
Das Konzept des neuen Gartens ist mir natürlich bekannt. Auf moderne Weise wird ein Grundelement der Klostergärten, der Kreuzgang, in den Mittelpunkt der Gestaltung gesetzt. Interessant ist die Einarbeitung von Aussagen aus der Bibel. Die Buchstaben und Worte bilden gleichsam eine Umwandung des Kreuzganges. Vieles an gartenkünstlerischer Gestaltung wird sich erst später zeigen.
Hat denn der Namensstreit auch praktische Bedeutung oder ist es nur ein akademischer Zwist?
Es ist nicht nur meine Auffassung, dass mit dieser Namensgebung ein bisher mit Bedacht verfolgtes Prinzip verlassen wird – die Gärten der Welt nach den Regeln der Gartenkunst weiter zu entwickeln. Sie sollten nicht als Zielpunkte für religiöse Gruppen oder Zeremonielle wirken oder gar zu einem Ort eines Panoptikums angeblicher oder tatsächlicher Gärten weiterer Glaubensrichtungen werden.
Welcher Name wäre passend?
Jeder Name, der von dieser verallgemeinernden, apodiktischen und ideologisierenden Behauptung wegkommt, also eine Ebene tiefer und bescheidener. Damit würde auch dem Werk der Gartenkünstler Respekt erwiesen. Als Name wäre »Klostergarten« meine Wahl. »Neuer Klostergarten« könnte eine Variante sein. Vielleicht muss man noch intensiver suchen. Aber die Bezeichnung christlicher Garten damit zu rechfertigen, dass vorgeblich keine bessere gefunden wurde oder andere Vorschläge wie abendländischer Garten schon gar nicht taugten, ist kein Argument .
Wer ist für die Bezeichnung verantwortlich?
Der Namensvorschlag wurde in einer AG bei der Grün Berlin GmbH begründet, in der übrigens der Bezirk Marzahn-Hellersdorf nicht vertreten war. Der Aufsichtsrat Grün Berlin und die zuständige Senatorin haben den Vorschlag trotz der Bedenken gebilligt.
Fragen: Andreas Heinz
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