Kunstaktion im Freizeitklub

Internationale Künstler gestalteten den Lichtenberger Judit-Auer-Club

  • Hajo Obuchoff
  • Lesedauer: 3 Min.

In der vergangenen Osterferienwoche flogen keine Tischtennisbälle durch den Judith-Auer-Club an der Otto-Marquardt-Straße. Auch die Computer waren lahmgelegt. Renovierung war angesagt. Die Maler indes kommen nicht von einer Handwerksfirma nebenan. Auf den Leitern stehen Künstler, deren Weg sie beispielsweise von Chile über Australien nach Berlin geführt hat. Mancher ist nicht ganz so weit gereist, nur von Hannover oder von Friedrichshain nach Lichtenberg. So gestalten die Berlinerin Eva Langhorst und die US-Amerikanerin Angela Mele die Bibliothek des Hauses mit einer grünen Landschaft, in der Frösche auf arglos über Blätter kriechende Insekten lauern. Dagegen verzieren Lisa Premke, die Neu-Berlinerin, und ihre irakisch-australische Kollegin Nadine Hattom die Wände des Computerraums mit einem Muster, das an Schaltkreise erinnert.

Der Judith-Auer-Club ist seit drei Jahren eine Jugendeinrichtung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und bietet seinen Besuchern aus den umliegenden Plattenbauten vielseitige Möglichkeiten, ihre Freizeit interessant zu gestalten. »Vor allem Kinder und Jugendliche, die mit ihren Eltern einst aus dem Kosovo, aus früheren Sowjetrepubliken oder aus Kurdistan übergesiedelt sind, kommen zu uns«, sagt Bernd Kurtzrock, Leiter des Clubs. »In der Regel sind jeden Nachmittag etwa 40 bis 50 Jugendliche hier versammelt. Bei einigen speziellen Veranstaltungen kommen auch schon mal um die 100.« Klar, dass es inzwischen langsam Zeit wurde, den Räumen frischen Glanz zu verleihen.

Allerdings nicht nur Berlin, auch die AWO muss mit den Mitteln knausern. »Für Material ist noch genug da«, so Kurtzrock, »aber eine Firma hätten wir nicht bezahlen können.« Bekanntlich hat sich Berlin zu einer der kreativsten Städte weltweit gemausert. Und so entstand die Idee, über das Internet Künstler zu suchen, die lediglich für freie Kost hier ihrem Schöpfertum freien Lauf lassen würden. Das Echo war überragend.

Inzwischen legen Ariel Aguilera und Andrea Benyi im Tischtennisraum eine Pause ein. Beide leben seit drei Jahren in der Mitte von Berlin. Davor waren sie im australischen Melbourne zu Hause. »Aber geboren bin ich in Chile«, sagt Auriel. Und Andrea stammt ursprünglich aus Ungarn. Seit Jahren sind sie als Pandarosa-Team unterwegs in der Welt. Erst kürzlich haben sie das Hotel FOX im Zentrum von Kopenhagen gestaltet. »In Berlin sind wir hängen geblieben«, erzählt Ariel. »Hier ist es einfach viel lustiger als auf der Insel Australien.« So geht es ähnlich auch den anderen Künstlern. Natürlich können sie sich es nicht immer leisten, nur »für'n Appel und'n Ei« zu arbeiten. »Aber wir möchten auch zeigen, dass ein soziales Miteinander jenseits von reiner Ökonomie wichtig ist«, meint Andrea. Andererseits ist die Welt durch das Internet derart verknüpft, dass ihre künstlerische Arbeit, auch die im Judith-Auer-Club, überall und jederzeit abgerufen werden kann. Der eine oder andere lukrative Auftrag könnte also folgen.

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