Polizisten verletzten Polizisten mit Pfefferspray
Am 1. Mai setzten Einsatzkräfte am Kottbusser Tor massiv Reizgas ein, offenbar auch gegen die eigenen Leute
Das Landeskriminalamt bearbeitet mit Priorität Strafermittlungen gegen Angehörige einer Einsatzhundertschaft der Polizei. Die beschuldigten Polizisten sollen zwei Kollegen, die in Zivil am 1. Mai dieses Jahres gegen 22.45 Uhr am Kottbusser Tor in Kreuzberg im Einsatz waren, mit Pfefferspray besprüht haben. Zudem sollen sie die Zivilbeamten mit Faustschlägen traktiert haben. Die Zivilbeamten mussten anschließend »aufgrund von Augenreizungen und Prellungen« den Dienst beenden. Weitere sechs Polizisten sollen in diesem Zusammenhang durch das Reizgas verletzt worden sein.
Waren also acht der insgesamt 75 verletzten Polizisten am 1. Mai Opfer von Reizgasattacken aus den eigenen Reihen? Die »tageszeitung« hatte noch am selben Abend den massenweisen Einsatz von Pfefferspray gegen die am Kottbusser Tor versammelten Schaulustigen kritisiert. Zwischen 22.30 und 1.30 Uhr habe es um 200 Pfefferspray-Verletzte am Kottbusser Tor gegeben, berichtet einer der Demo-Sanitäter dem ND – unter ihnen auch Pressevertreter.
Auf Nachfrage bei der 1. Mai-Bilanzpressekonferenz hatte der scheidende Polizeipräsident Dieter Glietsch den großflächigen Einsatz von Pfefferspray gegen Unbeteiligte noch bestritten. »Wenn Pfefferspray eingesetzt wurde, dann nur dort, wo es Angriffe auf Polizeibeamte gegeben hat«, betonte Glietsch. Die Polizei habe am Kottbusser Tor auch nicht das Konzept verfolgt, einfach Pfefferspray zu sprühen, sondern die Menge zu durchmischen, um durch Präsenz Ausschreitungen zu verhindern.
Sollte Glietsch bei dieser Darstellung bleiben, würde das allerdings die Frage aufwerfen, ob sich die Zivilpolizisten aggressiv gegen die dort eingesetzten Uniformierten verhalten hätten? Quasi als »Agents Provocateurs«. So oder so wirft das Nachspiel einen Schatten auf die positive Mai-Bilanz des Senats. Immerhin ist es doch dessen Anspruch, dass Unbeteiligte bei Demonstrationen nicht durch Polizisten verletzt werden sollen.
Doch bereits für die Revolutionäre Demonstration am Abend des 1. Mai beklagte die unabhängige Demonstrationsbeobachtungsgruppe des Komitees für Grundrechte und Demokratie das »unverhältnismäßige und gewalttätige« Eindringen von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Polizei in den Aufzug. Auch hierbei erfolgten mehrfach Pfefferspray-Einsätze, so Jan Wörlein von der Beobachtungsgruppe. Da die Einheiten, vor allem aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei, ungenügend oder gar nicht gekennzeichnet waren, dürfte eine Identifizierung indes schwer fallen.
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