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Darüber macht man doch Witze
Karikaturist Phil Hubbe zeichnet »behinderte Cartoons«
Schon als Junge zeichnete Philipp Hubbe gern und viel – malte ab, pauste durch, wie es Kinder häufig tun. Als er 16 war, erschien seine erste Karikatur in der Imkerzeitung der DDR. Später hätte er gern Gebrauchsgrafik studiert, bekam aber keinen der raren Studienplätze. Ein Semester Mathematik folgte, aber das Fach lag ihm nicht. Er begann in einer Keramikfabrik in Schichten zu arbeiten. Hin und wieder konnte er eine Illustration im »Atze« oder in einer anderen DDR-Kinderzeitschrift unterbringen. Eine Festanstellung war dort nicht möglich, wurde ihm gesagt, weil er keinen Berufsabschluss hätte. Hubbe machte neben seiner Arbeit eine Ausbildung als Wirtschaftskaufmann.
Während seiner Armeezeit 1985 klopfte die Krankheit zum ersten Mal an. Drei Jahre später erfuhr Hubbe nach einem zweiten Schub die Diagnose: Multiple Sklerose. Eine Informationsbroschüre gab die Perspektive vor: In wenigen Jahren bliebe ihm nur noch der Rollstuhl. Im Laufe der Erkrankung bilden sich Entzündungsherde in der weißen Substanz von Gehirn und Rückenmark, diese können die verschiedensten Störungen hervorrufen: Taubheitsgefühle, Sehstörungen, Lähmungen. Der Arzt meinte, er solle mit dem Zeichnen aufhören. Hubbe folgte dem Rat nicht. Dann kam das Jahr 1989, und auch für ihn wurden die Karten neu gemischt. Philipp Hubbe wagte sich als Karikaturist in die Freiberuflichkeit. Mittlerweile kann er Tageszeitungen, den »Kicker« oder »ZDF online« zu seinen Kunden zählen, Bücher und Kalender sind erschienen, die Ausstellungen zählt er nicht mehr.
Schon bald fand Phil Hubbe, ermuntert von Freunden, »sein« Thema: Karikaturen zum Thema »Behinderung«. Dabei erlebte er immer wieder, dass selbst seine Auftraggeber sich etwa bei einer Ausstellungseröffnung bitterernst gaben, nach dem Motto: »Darüber macht man keine Witze«. Der Zeichner sieht »political correctness« hier fehl am Platze: »Humor gehört zum Leben eines jeden Menschen, auch zu dem Behinderter.« Anfangs selbst skeptisch, bekam er ermutigende Reaktionen. »Inzwischen haben sich sogar die Taubstummen bei mir beschwert, warum es noch keine Zeichnungen zu ihrer Situation gibt.« Als Freund des trockenen bis schwarzen britischen Humors fand Hubbe Bestätigung auch in den oftmals als »makaber« beschriebenen Zeichnungen des querschnittsgelähmten US-Amerikaners John Callahan.
Seine Krankheit schränkt ihn bis heute dank einer medikamentösen Therapie nicht zu stark ein, aber Fußball spielen, wie früher, kann er schon lange nicht mehr. Wegen der Nebenwirkungen der Medikamente muss er seine Kräfte einteilen, so der Zeichner. Trotzdem hat er einen straffen Tagesplan, der morgens mit Zeitungslektüre und einer aktuellen politischen Karikatur beginnt. Dabei bedauert Phil Hubbe, dass politische Karikaturen in Deutschland viel zu beliebig und zu brav seien. Danach arbeitet er dann für Agenturen, reagiert auf Anfragen, am Nachmittag feilt er an Entwürfen zum Thema »Behinderung« – wo er am weitesten gehen kann. Die Medien der Behindertenverbände drucken ihn: »Die Betroffenen lieben die Zeichnungen um so mehr, je härter der Witz ausfällt.«
Ab in die Mitte - Tipps und Adressen für Kunst, Kultur & Übernachten
Das Projekt bietet 24 Künstlern mit Handicap die Möglichkeit, sich zu verwirklichen: Freunde der Schlumper e.V., Neuer Kamp 30 in 20357 Hamburg,
Tel. (040) 43 25 42 70,
Fax: (040) 430 40 83,
E-Mail: post@schlumper.de, www.schlumper.de.
Vermittelt behinderte Künstler an Veranstalter und organisiert Festivals mit Künstlern aus verschiedenen Ländern Europas: Eucrea Verband Kunst und Behinderung e.V., Donnerstr. 5 in 22763 Hamburg, Tel. (040) 39 90 22 12,
Fax: (040) 41 28 98 16,
E-Mail: info@eucrea.de.
Internet: www.eucrea.de.
Die Galerie ART CRU Berlin konzentriert sich auf Kunst von Menschen mit Behinderungen: Kunsthof Oranienburger Straße 27 in 10117 Berlin-Mitte, Tel. (030) 24 35 73 14, (0177) 645 65 25, E-Mail: galerie@art-cru.de, www.art-cru.de, Öffnungszeiten: Di bis Sa von 12 bis18 Uhr.
Ab in die Mitte heißt das Motto für das 5. internationale Kulturfestival von und mit Menschen unabhängig von Benachteiligung und Behinderung in Reutlingen vom 14. bis 21. Mai 2011. Es bietet Straßentheater und Mitmach-Aktionen, Trommlertreffen, Filme, Workshops und Gastronomie, Netz: www.kultur-vom-rande.de.
SLANG Radio – Das Radio Für Ein Barrierefreies Leben! Mit News zu den Themen: Gesundheit, Entertainment und Behinderung, Am Mariahof 97 in 54296 Trier,
Telefon: (0651) 561 84 61,
Telefax: (0651) 200 66 14, Mobil: (0173) 786 69 68, E-Mail: redaktion@slangradio.de,
Internet: www.slangradio.de
Es bekennt sich bewusst zum selbstverständlichen Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen, das Integrationshotel Grenzfall in Berlin, in der Ackerstraße 136 in 13355 Berlin,Telefon: (030) 34 33 33 00, www.hotel-grenzfall.de
Tipps für Freizeit, Mobilität, Wohnen, Politik, Barrierefreiheit: www.berlin.de/sen/soziales/behinderung
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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